Krankenkasse muss nur Prothese statt Implantat bezahlen

Krankenkassen müssen nach einem Unfall nicht ein teures Zahnimplantat bezahlen, wenn auch eine viel billigere Prothese die Zahnlücke richtig schliesst. Eine Patientin ist vor Bundesgericht abgeblitzt.

, 1. Mai 2019 um 07:10
image
Nach einem Unfall, bei dem sie ihre Schneidezähne verlor, wollte sich eine 39-jährige Patientin ein rund 20 000 Franken teures Implantat einsetzen lassen. Doch die Krankenversicherung Mutuel weigerte sich, aus der Grundversicherung eine so teure Behandlung zu bezahlen. Sie stellte sich auf den Standpunkt, dass auch eine Prothese, die nur 5000 Franken, also einen Viertel der Implantat-Konstruktion kostete, zweckmässig sei.
Das Bundesgericht hat nun der Krankenkasse Recht gegeben: Die Patientin hat keinen Anspruch darauf, dass ihr aus der Grundversicherung ein teures Implantat bezahlt wird, wenn eine herausnehmbare Prothese die verlorenen Zähne genauso gut ersetzt.

Implantat ist möglicherweise komfortabler und schöner

Sämtliche Einwände der Frau gegen die Prothese hielt das Bundesgericht für zu wenig schwerwiegend. «Im vorliegenden Fall mag es sein, dass die Behandlung mit Implantaten im Vergleich zur herausnehmbaren Prothese Vorteile für die Beschwerdeführerin in Bezug auf die Ästhetik und den Komfort bietet», hielt das Gericht zwar fest.
Die Vorteile seien jedoch «nicht derart signifikant, dass sie eine Kostengutsprache für die Implantatversorgung rechtfertigen würden». Ein wichtiger Punkt: Aus Sprechdistanz sei eine gut gemachte Prothese nicht erkennbar und beeinträchtige auch nicht die Sprechfähigkeit der Patientin.
Die Frau betonte vor Gericht auch, wie unangenehm eine Prothese sei. Wenn sie die Prothese nicht trage, sei ihr Aussehen stark beeinträchtigt, da sich ihr Gesichtsausdruck verändere. Das passiere mehrmals täglich, da sie die Prothese zu reinigen habe.

Nur im Versteckten Zähne putzen

Hierfür ziehe sie sich aufgrund von Schamgefühlen in einen geschlossenen Raum zurück, und das wirke sich negativ auf ihr Wohlbefinden aus. Dem Gericht erschien es jedoch zumutbar, dass sich die Frau fürs Reinigen der Prothese zurückzieht und ihre Zähne nicht vor Arbeitskollegen oder der Familie putzt.
Das Gericht stützte sich ausserdem auf die Angaben eines beigezogenen Zahnarztes ab. Dieser sagte, dass bei einer Prothese die Kariesanfälligkeit der umliegenden intakten Zähne nicht erhöht sei, wenn eine gute Mundhygiene praktiziert werde.

Ohne Prothese ein ästhetisches Problem

Er räumte ausserdem ein, dass sich der Gesichtsausdruck verändere, wenn die Frau ihre Zahnprothese nicht trage. Doch könne die Prothese ausser während der Reinigung, ständig getragen werden. Schliesslich sei eine Prothese auch nicht reparaturanfälliger als eine Porzellanbrücke oder eine mit Porzellan verblendete Brücke.
Die Frau muss also mit einer Prothese Vorlieb nehmen oder die um 15 000 Franken teurere Implantat-Lösung selber zahlen. Die Krankenversicherung Mutuel hat zu Recht nur die deutlich billigere Lösung mit der Prothese als Pflichtleistung in der Grundversicherung übernommen.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Ehemaliger Sympany-CEO an der Spitze von Eskamed

Michael Willer hat die Leitung von Eskamed übernommen. Das Basler Unternehmen hat sich auf die Qualitätssicherung in der Komplementär- und Präventivmedizin spezialisiert.

image
Gastbeitrag von Guido Schommer

Aufsichts-Populismus: Wer schützt die Versicherten vor der Finma?

Die Aufsichtsbehörde will den Zusatzversicherungsmarkt noch mehr regulieren. Den Versicherten hilft das nicht, im Gegenteil: Spitäler geraten unter Druck, die Spitalwahl wird eingeschränkt, die Versorgung leidet.

image

«Nur in Genf und der Waadt haben wir noch Probleme»

Die Finma genehmigt keine neuen Produkte der Krankenzusatzversicherer, solange nicht alle Transparenzanforderungen erfüllt sind – und solange sich die Ärztegesellschaften am Genfersee querstellen.

image

Prio.Swiss hält gar nichts von höheren Senioren-Prämien

Keine Abkehr vom Solidaritätsprinzip: Der neue Krankenkassenverband findet höhere Prämien für alte Menschen ungerecht – und eine unnötige Verkomplizierung.

image
Gastbeitrag von Felix Schneuwly

Beenden wir die Zwangsehe der Tarifpartner

Regulierung und Bürokratie treiben die Gesundheitskosten in die Höhe – ohne Mehrwert für die Bevölkerung. Vertragszwang, Zwangsgemeinschaft der Tarifpartner, Territorialitätsprinzip: Wir sollten solche alten Zöpfe abschneiden.

image

Swica baut ab: 30 Stellen und drei Regionaldirektionen

Die Winterthurer Krankenkasse Swica spart 50 Millionen Franken Verwaltungskosten und streicht drei Regionaldirektionen.

Vom gleichen Autor

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.

image

«Hausarzt ist kein Beruf, den man subventionieren muss»

Ein Arzt macht vor, wie eine Berggemeinde zu medizinischer Versorgung kommt. Und er kritisiert Kollegen, die einfach ihre Praxis schliessen.

image

Medikamente: Diese fünf Irrtümer müssen alle kennen

Epinephrin statt Ephedrin? Solche Verwechslungen können tödliche Folgen haben. Gut zu wissen, wo die grössten Gefahren lauern.