Warum Apotheker ihr Kreuz in die Mülltonne werfen

Auf nach Bern! Die Apothekerinnen und Apotheker wollen mit einer Petition ein Signal senden – vor allem gegen die Umstrukturierung des Margen-Systems oder das geplanten System der Referenzpreise bei Generika.

, 8. April 2019 um 05:56
image
  • pharmasuisse
  • apotheken
  • medikamente
Der Apothekerverband Pharmasuisse will sich mit einer Aktion mehr Gehör verschaffen. Am Montag haben sich deshalb Dutzende Apothekerinnen und Apotheker in weisser Berufskleidung auf dem Bundesplatz in Bern getroffen – zu einer gross angelegten Demonstration.
Die Apothekerschaft wehrt sich gegen die «umkoordinierten Abbaumassnahmen» des Bundesrates. Die Rede ist von «wirren Schnellschüssen», welche das Gesundheitssystem mittelfristig verteuern würden – und die Existenz der Apotheker und gleichzeitig auch der Hausärzte bedrohten. Als konkretes Beispiel nennt der Verband die Änderungen beim Vertriebsanteil. Oder das geforderte Referenzpreissystem für Medikamente.

«Auch morgen medizinisch gut umsorgt»

Das sei aber nur die Spitze des Eisbergs, so der Verband weiter – und erwähnt etwa die jährlichen Preissenkungsrunden bei Medikamenten oder die Tarifsenkungen in der Liste für Mittel und Gegenstände. Weitere werden im Verlauf des 2019 folgen. Die Apothekerschaft mit Präsident Fabian Vaucher an der Spitze will das nicht hinnehmen und hat daher gleichzeitig die Petition «Auch morgen medizinisch gut umsorgt» lanciert.
Die Apothekerinnen und Apotheker wollen sich dafür einsetzen, «nachhaltige und gründliche Reformen» anzustossen, bei denen die Grundversorger aktiv einbezogen würden. Eine zielführende, nachhaltige Revision könne nur durch Einbindung aller Akteure und einer umfassenden Gesamtbetrachtung erfolgen, schreibt Pharmasuisse. 

Kundgebung mit Show-Effekt

Der Verband, der rund 1'500 Apotheken mit über 21'000 Mitarbeitenden vertritt, hat sich für den Auftritt etwas Besonderes einfallen lassen: auf dem Bundesplatz wurde am Nachmittag ein vier mal vier Meter grosse Apothekerkreuz zertrümmert und in einer Mülltonne entsorgt. Die Aktion soll symbolisch für den Umgang der Regierung mit den Apotheken stehen. «Wir alle wissen, dass uns nicht mehr Geld zur Verfügung stehen wird», sagte Vaucher am Montag auf dem Bundesplatz. Es gelte also, die kostensparenden Akteure zu stärken und das grüne Kreuz nicht auf den Müll zu werfen.
image
Symbolische Entsorgung des Apothekerkreuzes | PPR/Ben Zurbriggen
Apotheken sehen sich unter anderem als Präventionsfachleute, Medikamenten-Manager und als kostensparende Erstversorger. Viele Gesundheitsprobleme lassen sich dem Verband zufolge sofort in der Apotheke abklären und teilweise auch mit rezeptpflichtigen Medikamenten behandeln. Dies spare Zeit und reduziere Kosten – um bis zu 41 Prozent gegenüber anderen Leistungserbringern, heisst es. Mehr noch: diese Lösung entlaste die Spitalnotfallstationen und Hausärzte. Pro Tag bedienen Apotheken rund 340'000 Kunden. 

Referenzpreise: Zahlen und Fakten

Der Anteil patentabgelaufener Arzneimittel am kassenpflichtigen Medikamentemarkt beträgt 30 Prozent, entsprechend 1.5 Milliarden Franken. Weniger als die Hälfte, nämlich nur 700 Millionen, entfallen auf Generika.
Mit einem Referenzpreissystem will der Bundesrat für tiefere Generikapreise sorgen. So soll für einen bestimmten Wirkstoff ein maximaler Preis festgelegt werden, eben der Referenzpreis. Nur dieser wird von der obligatorischen Grundversicherung (OKP) vergütet. Liegt der Preis des bezogenen Medikaments über dem Referenzpreis, zahlt der Versicherte die Differenz aus dem eigenen Sack. 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Das werden die 10 Umsatz-Hits bei den Medikamenten

Krebsmedikamente werden auch dieses Jahr die Umsatz-Statistik anführen. Das prognostiziert die Plattform Statista.

image

Ärzte bei Pregabalin-Abgabe in der Zwickmühle

In Gefängnissen und Asylzentren gibt es immer mehr Missbrauch des Medikaments Pregabalin. Ärzte stehen vor einem Dilemma.

image

Medikamentenpreise sind gesunken – angeblich

Mieten und Strom sind in der Schweiz teurer geworden. Doch Medikamente sind billiger als vor Jahresfrist. Kann das stimmen?

image
Ein Kommentar von Enea Martinelli

Arzneimittel: Vom Engpass in die Kostenfalle

Es mag oft zufällig wirken, wenn ein bestimmtes Medikament fehlt. Aber die Folgen haben System. Der Musterfall eines Herzmittels zeigt, wie am Ende die teuerste Lösung übrig bleibt.

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.

image

Impfen in Apotheken: Hoffnung durch neue Gesetzesinitiativen

Trotz nationaler Vorgaben bleibt das Impfen in der Schweiz ein Flickenteppich: Apotheker dürfen nur eingeschränkt impfen. Doch das wird sich bald ändern.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.