Freiburger Spitäler halten am Fahrplan fest - trotz Initiative

Ein Bürgerkomitee hat eine kantonale Initiative eingereicht, um die Umsetzung der Strategie 2030 zu stoppen. Doch die Freiburger Spitäler halten daran fest.

, 30. Juli 2021 um 13:42
image
  • freiburger spital
  • spitalinitiative
  • annamaria müller
Wieder kommt eine Spitalinitiative vors Volk. Diesmal im Kanton Freiburg. Am 12. Juni sind 12'000 Unterschriften bei der Staatskanzlei für eine 24-Stunden-Notversorgung und eine bürgernahe Akutversorgung eingereicht worden.
Am Freitag ist nun die Initiative eines Bürgerkomitees mit 10'483 gültigen Unterschriften auch formell zustande gekommen. Das ist deutlich mehr als notwendig: Für eine kantonale Volksinitiative sind im Kanton Freiburg lediglich 6000 Unterschriften erforderlich.

Ehrenamtlich unterwegs

Das HFR Bürgerkomitee setzt sich nach eigenen Angaben aus ehrenamtlich tätigen Bürgern zusammen. «Wir werden nicht vom Staat, politischen Parteien oder Unternehmen subventioniert», steht auf der Website des Initiativkomitees zu lesen. HFR steht für Hôpital Fribourgeois – Freiburger Spital.
Ein gewisser Marc Monney ist Präsident des Initiativkomitees. Wie die Freiburger Nachrichten am 12. Juni schreibt, sagte Monney an einer Medienkonferenz: «Das Problem HFR ist schon lange nicht mehr das Problem eines Bezirks, sondern aller Bezirke». In Riaz, Tafers und Merlach seien in den vergangenen Jahren immer mehr Leistungen abgebaut worden. Der Standort Billens soll 2022 gar geschlossen werden – während das HFR Defizite schreibe und immer mehr Kosten ausserkantonal entstünden.

Initianten wollen mitbestimmen 

Die Initiative richtet sich gegen die Entwicklungsstrategie 2030 des Freiburger Spitals. Dass die Bevölkerung dazu nichts zu sagen hat, stört die Komiteemitglieder. Mit der Initiative soll daher ein demokratischer Diskurs in Gang gesetzt werden.
Das Komitee forderte den Grossen Rat und den Staatsrat dazu auf, die Freiburger Spitäler daran zu hindern, ihre Strategie 2030 weiter umzusetzen und so noch vor der Abstimmung neue Fakten zu schaffen.
Annamaria Müller ist seit Anfang 2020 Präsidentin der Freiburger Spitäler HFR. «Falls die Initiative vom Volk angenommen wird, werden die Karten neu gemischt», sagt die VR-Präsidentin gegenüber Medinside. Doch vorläufig werde an der Strategie und am Vierjahresplan – 2020 bis 2024 – festgehalten.
Danach sollen bis Ende 2024 an mindestens zwei Standorten Gesundheitszentren in Betrieb genommen werden. Riaz ist bereits gesetzt, das zweite Zentrum wird vermutlich in Tafers sein. Der Standort Billens wird bis spätestens Ende 2022 total aufgegeben, lediglich ein ambulantes Angebot soll bestehen bleiben. Denn gemäss Strategie 2030 betreibt das HFR in Zukunft nur noch vier stationäre Standorte: Neben dem Hauptsitz in Villars-sur-Glâne sind das Merlach, Riaz und Tafers.
Noch offen ist, wann die Initiative vors Freiburger Volk kommt. Ein wahrscheinlicher Termin ist der September 2022. Sollte der Grosse Rat einen Gegenvorschlag ausarbeiten, dürfte es Frühling 2023 werden.

Annamaria Müller zur Strategie 2030

Wie die Strategie im Wesentlichen aussieht, erklärte Annamaria Müller am 17. Februar 2021 hier in einem Interview.
image
Annamaria Müller, VR-Präsidentin der Freiburger Spitäler HFR.
«Die Standorte in den peripheren Gebieten wollen wir in Gesundheitszentren umwandeln. In Zukunft brauchen wir in den Regionen vor allem Betten für die Nachsorge. Also für Personen, die aus medizinischen Gründen nicht mehr im Spital bleiben müssen, aber zu Hause nicht rehabilitiert und gepflegt werden können, weil ihnen das entsprechende Umfeld fehlt.»
Operiert würde dann nur noch in Freiburg, beziehungsweise dem angrenzenden Villars-sur-Glâne. Dort ist ein topmoderner Neubau geplant. Womöglich mit weniger Betten als bisher – eben: ambulant vor stationär. «Und dann wollen wir dafür sorgen», so Annamaria Müller im Interview, «dass wir so viel Gesundheitsdienstleistungen wie möglich in der Peripherie, das heisst in der Nähe des Wohnorts ambulant erbringen können.»
Der Spatenstich des Neubaus ist für 2026 geplant; 2030 soll dann das topmoderne Spital betriebsbereit sein. Schon heute wird nur noch in Villars-sur-Glâne operiert. Doch ab Ende August sollen auch in Riaz bei Bulle wieder ambulante Operationen durchgeführt werden, weil in Freiburg die Kapazität fehlt und der Süden des Kantons ein grösseres Versorgungsgebiet darstellt. 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Politische Unterstützung für das dezentrale Freiburger Spital

8,5 Millionen Franken stehen zur Debatte: Ein Auftrag aus dem Kantonsparlament verlangt von der Regierung, die Mehrkosten für den Betrieb des Freiburger Spitals an mehreren Standorten zu decken.

image

Der Preis der Standortvielfalt: 8,5 Millionen

Transporte, Doppelungen, Koordinationsaufwand? Das Freiburger Spital HFR liess errechnen, welche Kosten die dezentrale Struktur verursacht.

image

HFR-Sparpläne: Verbände fürchten Vertrauens- und Qualitätsverlust

Aus Sorge ums Personal prangern zwei grosse Organisationen die Effizienz-Massnahmen des Freiburger Spitals an, insbesondere die Schliessung der Inneren Medizin in Riaz.

image

Schliessung der Inneren Medizin in Riaz: Welle von Reaktionen

«Alles ist voll. Wo sollen die Leute denn hin?» Nach der Ankündigung des Freiburger Spitals HFR, die Innere Medizin am Standort Riaz zu schliessen, kommt viel Widerspruch auf.

image

Freiburger Spital baut rund 90 Stellen ab

Für 2025 erwartet die Kantonsspital-Gruppe HFR erneut ein Defizit von rund 30 Millionen Franken.

image

Freiburg: In der Radiologie droht Streik

Nach der Ablehnung ihrer Lohnaufwertung durch den Staatsrat haben die Radiologiefachleute im Kanton Freiburg für Anfang Februar 2025 einen Streik angekündigt

Vom gleichen Autor

image

«Hospital at Home ist Medizin im Team»

Die Spitex will beim Konzept Hospital@Home von Beginn weg eine zentrale Rolle spielen. Das ist aber nicht überall der Fall.

image

Palliative Care: «Wir brauchen nicht mehr Betten in Spitälern, aber in Hospizen»

Renate Gurtner Vontobel, die ehemalige Geschäftsführerin von Palliative.ch, blickt auf ihre fünfeinhalbjährige Amtszeit zurück.

image

«Kritiker der Komplementärmedizin haben eine zu einseitige Sicht»

SP-Ständerätin Franziska Roth kritisiert im Interview die Haltung von Gegnern der Komplementärmedizin. Sie verkennen den Wert der ärztlichen Expertise.