Ehemaliger Chefarzt schaltet sich in Spitaldebatte ein

Der frühere Chefarzt der Inneren Medizin am Spital Flawil ist überzeugt: Zum Sparen sollte man nicht ausgebaute Spitäler schliessen.

, 28. Januar 2020 um 09:09
image
  • spital
  • spital flawil
  • st. gallen
Die Diskussion im Zusammenhang mit der neuen St. Galler Spitalstrategie geht weiter. Für Andreas Walser, bis 2012 Chefarzt am Spital Flawil, sind Spitalschliessungen aus Spargründen aber ein sehr zweischneidiges Schwert. Vordergründig reduziere man damit Betriebskosten und Defizite. 
«Vielleicht verspricht man sich auch einen rationelleren Behandlungsablauf in grösseren Einheiten», schreibt er in der «Appenzeller Zeitung». Doch die Patienten seien damit nicht weg; sie nehmen ihm zufolge einfach einen anderen Weg, müssen sich in meist grösseren Spitälern behandeln lassen. Dort seien die Behandlungen aber teurer.

Spitalfinanzierung überdenken

Es sei nicht abzustreiten, dass im Kanton St.Gallen tendenziell zu viele Spitalbetten vorhanden seien, schreibt der frühere Chef der Inneren Medizin weiter. «Wenn nun aber mit dem vorgeschlagenen Kahlschlag plötzlich über 300 Spitalbetten wegfielen, käme es zu einem Notstand, wie wir ihn aus anderen Ländern, z.B. England, kennen: Wartezeiten für ganz gewöhnliche Eingriffe, insgesamt eine deutliche Verschlechterung der Gesundheitsversorgung, wie sie unsere Bevölkerung bisher nicht kannte und auch nicht akzeptieren würde.»
Andreas Walser kritisiert nicht nur, sondern er präsentiert im Beitrag auch gleich Lösungsansätze: In erster Linie sollte die Spitalfinanzierung überdacht werden, wie er schreibt. Die Übertragung der Immobilien an die Spitäler beschere Probleme wie Defizite und Notkredite und werde das künftig immer mehr tun. 

Kantonsspital bleibt nicht verschont

Auch das Kantonsspital wird laut Walser nach den grossen Investitionen nicht verschont bleiben. «Eine massvolle Reduktion der Bettenzahl wäre zu befürworten.» Diese sollte allerdings dort passieren, wo die grössten baulichen Investitionen anstehen und wo mit interkantonalen Absprachen trotzdem eine gute Gesundheitsversorgung aufrecht erhalten werden könnte.
Andreas Walsers Fazit: Der Verwaltungsrat der St. Galler Spitäler ist auf die präsentierte Planungslösung 4+5 eingeschossen. Und es ist ihm zufolge fraglich, ob es dem Gremium gelingt, andere kreative Lösungen zu finden. Vielleicht müsste er neu gewählt werden, fragt sich der ehemalige Chefarzt abschliessend. 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Sparprogramme reichen nicht: Das Spitaljahr im Check

Kooperationen, weniger Angebote, effizientere Abläufe, Schliessungen, Nullrunden bei den Löhnen: Die öffentlichen Akutspitäler haben viel getan, um die Finanznot zu bekämpfen. Fazit: So geht es trotzdem nicht weiter.

image

Spitäler 2025 und 2026: Bessere Margen – aber grosse Tarif-Fragezeichen

Die Finanzchefs der Schweizer Spitäler erwarten fürs Erste eine etwas bessere Rentabilität. Zugleich sorgt das neue Tarifsystem für Unsicherheit. Die Erwartungen reichen von Mehreinnahmen bis zu spürbaren Einbussen.

image

Die 10-Prozent-Illusion der Schweizer Spitäler

Eine Betriebsrendite von zehn Prozent galt lange als Überlebensregel für Akutspitäler. Womöglich ist dieser Richtwert inzwischen zu tief. Die Beratungsfirma PwC fordert mehr Effizienz – die Spitäler höhere Tarife.

image

St. Gallen holt Generalsekretärin vom USB

Nadia Hafner wird Generalsekretärin des kantonalen Gesundheitsdepartements. Sie folgt auf Gildo Da Ros.

image

Spitalhygiene: Geschlechtsneutrale WCs bergen ein Risiko

In schottischen Krankenhäusern wurden Damen-, Herren- und Unisex-Toiletten auf Keime geprüft. Heraus kamen drastische Unterschiede.

image

Eine Zusammenarbeit, vernetzt wie das Gefässsystem

Wie in den meisten anderen medizinischen Fachbereichen setzt das Spital Lachen auch in seinem Gefässzentrum auf eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit. Sie garantiert den Patientinnen und Patienten eine professionelle und ganzheitliche Diagnostik, Behandlung und Nachbehandlung.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.