«Die Gesundheitsbranche wird bald noch stärker polarisieren»

Die Hochschule Luzern und das Medienausbildungszentrum MAZ starten einen speziellen Studiengang für Gesundheits-Kommunikation. Warum – und für wen? Antworten von Studienleiterin Jeannette Nagy.

, 20. Oktober 2016 um 06:54
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Frau Nagy, Sie lancieren einen neuen Weiterbildungs-Lehrgang speziell für Gesundheitskommunikation. Weshalb?
Ich komme selber aus dem Gesundheitswesen und habe sechs Jahre lang am Luzerner Kantonsspital gearbeitet, unter anderem als Leiterin Kommunikation und Marketing. Daher kenne ich verschiedenste Kursangebote zum Thema Kommunikation – jedoch fehlte dort stets der Bezug zum Gesundheitswesen. 
Jeannette Nagy ist am MAZ verantwortlich für den CAS Health Communication; sie leitet den Lehrgang gemeinsam mit dem Dozenten Jonas Willisegger von der Hochschule Luzern. Mit über 15 Jahren Erfahrung in Kommunikation und Marketing führt sie eine Agentur für Gesundheitskommunikation in Luzern.
Von 2011 bis 2014 leitete sie die Abteilung Kommunikation und Marketing des Luzerner Kantonsspitals, nachdem sie zuvor bereits seit 2008 für das LUKS gearbeitet hatte. Sie hat einen Abschluss als Marketingfachfrau und einen Master in Communication Management.
Was unterscheidet denn die Gesundheits-Kommunikation von der Kommunikation in der Finanzbranche oder in der Industrie?
Gewiss, die Kommunikation erfindet sich in dieser Branche nicht neu. Aber das Thema ist heikel, es betrifft jeden, und es verbindet enorm viele Zielgruppen. Kaum ein Tag vergeht, an dem die Gesundheitsbranche nicht in den Medien diskutiert wird. Und dabei sind Organisationen von Patienten, Ärzten, Krankenkassen, Pharmaindustrie involviert, aber auch sehr viele Berufsverbände.
Im Vergleich zu ihrer Bedeutung ist die Gesundheitsbranche doch eher wenig präsent in der Öffentlichkeit – wenn man es zum Beispiel vergleicht mit der Bankbranche, die ja eigentlich viel kleiner ist.
Es gibt schon Themen aus dem Gesundheitswesen, die hoch gewichtet werden, etwa der Kostendruck oder die Krankenkassenprämien. Aber es stimmt: Die Vertreter der Branche selber – beispielsweise der Spitäler – regen selten von sich aus Diskussionen an. Das macht es ja umso wichtiger, dass die Branche differenziert ihre Kommunikation pflegt.
Wie beurteilen Sie Kommunikationsarbeit der Schweizer Spitäler heute?
Sie dürfte etwas proaktiver sein.
Dem kann man sicher zustimmen.
Dafür gibt es auch Gründe. Die professionelle Kommunikation in den Schweizer Spitälern ist noch nicht so alt. Und so mussten und müssen sich die Kommunikations-Experten in der Branche ihre Position erst erarbeiten.
Es scheint tatsächlich so, dass die Gesundheitsbranche traditionell stark auf die politische Lobbyarbeit setzt, beispielsweise in den Parlamenten – und für die breite Öffentlichkeitsarbeit begnügt man sich dann mit dem Tag der offenen Tür.
Natürlich gibt es heute bereits viele Häuser, die sehr gut kommunizieren. Und in den Kantonen ist die politische Arbeit sowohl für private wie für öffentliche Spitäler ja tatsächlich enorm wichtig. Aber die Gesundheits-Akteure müssen sich heute und in Zukunft immer stärker erklären. Sie bilden ein Thema, das jetzt schon polarisiert, und bald noch viel stärker polarisieren wird. Zum Beispiel wegen des steigenden Kostendrucks.
An wen wendet sich Ihr Kurs? Wer ist das Zielpublikum?
Alle Kommunikations- und Marketing-Fachleute aus dem Gesundheitsbereich – ob Pharma, Spitäler, Dachverbände… Insofern richten wir uns an ein sehr breites Publikum. Darum geht es eben auch – dass man sich im Kurs austauschen kann. Denn auch bei der Bildung von Netzwerken können wir im Schweizer Gesundheitswesen noch etwas zulegen. In Deutschland, Frankreich, Österreich, England und insbesondere in den USA ist es viel selbstverständlicher, dass die Kommunikationsfachleute verschiedenster Gesundheitsanbieter zusammenarbeiten und gemeinsam etwas entwickeln.
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Studiengang CAS Health Communication in Luzern
Im Frühjahr nächsten Jahres starten die Journalistenschule MAZ und die Hochschule Luzern – Wirtschaft einen Lehrgang in «Health Communication», der mit einem CAS Certificate of Advanced Studies abgeschlossen werden kann. Das Angebot richtet sich an aktuelle oder zukünftige Kommunikations- sowie Marketingverantwortliche im Umfeld des Gesundheitswesens.
  • Der Lehrgang umfasst 20 Studientage während 6 Monaten, plus Abschlussprüfung.
  • Erstmals wird der Lehrgang von März bis August 2017 durchgeführt.
  • Maximal werden 16 Teilnehmende zugelassen.
  • Wer den CAS erfolgreich abschliesst, erhält ein Zertifikat der Hochschule Luzern – Wirtschaft und des MAZ mit 15 ECTS-Punkten.
  • Weitere Informationen
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