Die Gesundheitsbranche produziert pro Tag 820’000 Blatt Papier

Insbesondere die Hausärzte und Pflegeheime bleiben dem Papier treu. Noch ist das Gesundheitswesen kein grosser Produzent von digitalen Daten. Aber das wird sich ändern.

, 22. Juni 2017 um 06:04
image
  • trends
  • e-health
  • digitalisierung
Mehr und mehr gilt das Gesundheitswesen als Datenmaschine. In der Datenverarbeitung und –auswertung liegen Chancen, die noch gar nicht recht absehbar sind. Mit der Einführung der Elektronischen Patientendossiers befinden wir uns hier an einem Wendepunkt.
In dieser Situation stellte Swisscom Health einige Grundsatzfragen in den Raum. Zum Beispiel: Wie viele Gesundheits-Informationen werden überhaupt produziert? Wieviele liegen schon digital vor? Wie entwickelt sich das?
Wissenschaftler des ZHAW-Instituts für Gesundheitsökonomie ging für die Swisscom solchen Fragen nach – und stiess auf eindrückliche Zahlen.

  • Expertenstudie «Schweizer Gesundheitsdaten heute und morgen», ZHAW — Swisscom Health, Juni 2017

So füllen die analogen Daten aus dem Schweizer Gesundheitswesen jedes Jahr rund 300 Millionen Blatt A4-Papier. Knapp die Hälfte davon (43 Prozent) fällt in Arztpraxen an, weitere 17 Prozent sind es in Pflegeheimen, wo die Dokumentation noch häufig auf Papier. Die Spitäler spielen hier indes eine kleinere Rolle, aber auch hier fanden die ZHAW-Forscher beeindruckende Werte: Ein mittelgrosses Kantonsspital bewahrt im Schnitt etwa 220 Tonnen Papier in seinem Archiv auf.
image
Quelle: Swisscom Health
Dies die Papierseite. Zugleich fallen in der Schweiz pro Jahr rund 1,5 Millionen Gigabyte an digitalen Gesundheitsdaten an – sei dies in Form von Bildern, sei dies als andere Dateien. Hier ist das Verhältnis umgekehrt: Der Hauptharst von 73 Prozent entfällt auf die Spitäler; bei den niedergelassenen Ärzten werden nur 11 Prozent der digitalen Gesundheitsdaten produziert.
Die Verhältnisse lassen vermuten, dass sich hier der bekannte Technik-Rückstand der Arztpraxen ausdrückt; bekanntlich vertrauen sehr viele Niedergelassene bis heute noch stark auf das Faxgerät. Beim Digitalisierungsgrad sichtet die Swisscom-Health-Studie allerdings vor allem einen anderen Graben – nämlich zwischen Hausärzten auf der einen Seite und den Spezialisten. Diese sind in etwa gleich digitalisiert sind wie die Spitäler.
image
Insgesamt zeigt sich – und das überrascht vielleicht –, dass die Datenmengen im Gesundheitswesen vergleichsweise klein sind. Die 1,5 Millionen Gigabyte an digitalen Daten entsprechen nur 0,5 Prozent des Datenvolumens, das jedes Jahr von Smartphones im Netz von Swisscom übertragen wird, rechnen die Autoren vor.

Der Boom beim Gesundheitswesen kommt

Veranschaulicht wird das überschaubare Ausmass auch, wenn man die Gesundheitsdaten auf die einzelne Person herunterrechnet: Tritt kein grosses Gesundheitsereignis ein, so entstehen pro Person jedes Jahr 23 Megabyte digitale Daten und 14 Seiten Informationen auf Papier. Eine überschaubare Menge.
Allerdings erwarten die Health-IT-Profis, dass das Datenmengen in den kommenden Jahren im Gesundheitswesen rund zehnmal schneller wachsen werden als insgesamt – also über alle Branchen hinweg. Dies zum einen, weil Bildgebungs-Verfahren immer wichtiger werden; zum anderen wegen der Ausbreitung der Wearables; und drittens, weil die elektronischen Patientendossiers mehr und mehr zur Normalität werden.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Was unsere Fingernägel über unsere Ernährung verraten

Eine Studie der Hochschule Fulda zeigt erstmals im Detail, wie zuverlässig Mineralstoffmuster in Nägeln den Ernährungsstil abbilden können.

image

Hospital-at-Home kommt ans linke Zürichseeufer

Ab sofort können Patienten am linken Zürichseeufer über das See-Spital Horgen, die Hospital at Home AG und die Spitex Horgen-Oberrieden zu Hause statt im Spital behandelt werden.

image

Ein Oensinger Gesundheitszentrum betreibt den ersten «Medicomat» in der Schweiz

Das Gerät im Vitasphère-Gesundheitszentrum funktioniert wie ein Getränkeautomat. Doch statt Flaschen gibt der Automat rund um die Uhr Medikamente heraus.

image

Diese 29 Erfindungen machen die Medizin smarter

Das US-Magazin «Time» kürte die wichtigsten Innovationen des Jahres aus dem Gesundheitswesen. Die Auswahl zeigt: Fortschritt in der Medizin bedeutet heute vor allem neue Schnittstellen zwischen Mensch, Maschine und Methode.

image

KSGR: Frauenklinik führt 4-Tage-Woche ein

Die Frauenklinik Fontana des Kantonsspitals Graubünden führt eine 4-Tage-Woche ein: 42 Stunden werden auf vier Tage verteilt, das Gehalt bleibt unverändert. Andere Spitäler sehen das Modell skeptisch.

image

Uni Bern stärkt digitale Krebsforschung mit neuer Professur

Die Universität Bern richtet gemeinsam mit dem Inselspital eine Stiftungsprofessur für Clinical Cancer Informatics ein. Damit soll die Nutzung klinischer Krebsdaten verbessert werden.

Vom gleichen Autor

image

Spital heilt, Oper glänzt – und beide kosten

Wir vergleichen das Kispi Zürich mit dem Opernhaus Zürich. Geht das? Durchaus. Denn beide haben dieselbe Aufgabe: zu funktionieren, wo Wirtschaftlichkeit an Grenzen stösst.

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.