Der nächste Roboter im Kampf gegen die Keime

Jetzt gibt es das rollende Raum-Desinfektionsgerät für unter 100 Franken.

, 8. Juli 2015 um 07:07
image
  • trends
  • spital
  • praxis
  • patientensicherheit
  • desinfektion
  • roboter
Misst man den technischen Fortschritt daran, ob die Geräte immer kleiner, immer billiger und immer chicer werden, dann verläuft der Fortschritt im Bereich Desinfektion derzeit besonders rapide.
Erst vor gut zwei Jahren kam der erste «germ-zapping robot» in den USA in den Spitalbetrieb: Es war eine grosse, schwere Maschine, die mit UV-Strahlen gegen die Bakterien in den Krankenzimmern vorging und das Reinigungspersonal unterstützen sollte.
Mittlerweile gibt es zwei Angebote für den professionellen medizinischen Bereich. Und in diesen Tagen folgt ine nächste Generation, die ungleich kleiner und billiger ist – und die sich obendrein auch an private Haushalte richtet. Und vielleicht auch an Arztpraxen?

Im Stile des selbstfahrenden Rasenmähers

Konkret heisst das: Die Elektronik-Firma Thatinventions aus Seattle präsentiert ein fahrbares Gerätchen, das Oberflächen mittels UV-Licht von Bakterien reinigt. Arbeitsflächen und Böden werden desinfiziert, indem der Roboter – im Stile des selbstfahrenden Rasenmähers – durchs Zimmer rollt, dabei starkes UV-Licht ausstrahlt und auf diese Weise die bakterielle DNA bricht.
Das Ding hat einen Durchmesser von 15 Zentimetern und navigiert mit Sensoren. Laut den Entwicklern muss sich der UV-Roboter erst mit seiner Umgebung vertraut machen, bevor er die effizientesten Reinigungswege herausarbeiten kann. «Beim Erkunden der Umgebung zeichnet der Roboter den gewählten Weg sowie die Hindernisse auf», sagt Ryan Lue, einer der Erfinder. Nach und nach nehme das Rollerchen immer zeitsparendere Routen.
image
Hat «UVe» (so der Name des Geräts) seine Arbeit erledigt, so fährt er zurück zur Ladestation. Wird er gestoppt, bevor die gesamte Oberfläche gereinigt worden ist, so setzt er den Durchgang automatisch fort, sobald er wieder in Betrieb genommen wird.
Die Vermarktung soll nun über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter finanziert werden – und dabei kann man gleich auch ein Gerät vorbestellen. Sein Preis: 89 Dollar, also etwa 85 Franken.

70 Prozent der Bakterien waren weg

Neu ist die Idee bekanntlich nicht. Der erste «germ-zapping robot» wurde von Medizinern in Houston für den Spitalbetrieb entwickelt – offenbar mit Erfolg. Unlängst ergaben Vergleichsmessungen der Texas A&M University, dass der Prototyp eines Spital-Desinfektions-Roboter innert 12 Minuten etwa 70 Prozent der Bakterien in einem Krankenzimmer eliminieren kann.
Der Desinfektions-Roboter trägt an seiner Spitze eine mit Xenon gefüllte Lampe. Wenn diese elektrisch stark aufgeladen wird, bindet sie Bakterien-DNA und zerstört die Keime.
image
Die Forscher der A&M University verglichen die Effizienz des Roboters mit menschlicher Reinigungsarbeit. Ihr Fazit: Der elektronische Star-Wars-Verwandte schaffte es effizienter, Spitalräume zu desinfizieren.
Genauer: Wurde ein Patientenzimmer durchs Personal von Hand gereinigt, so verschwanden dabei 70 Prozent der Bakterien. Kam obendrein der UV-Putzroboter zum Einsatz, so stieg die Quote auf 90 Prozent.

Waffe gegen «Superbugs», Entlastung fürs Personal

Die Hoffnung bei diesem Projekt ist klar: Hier könnte eine neue, stärkere Waffe im Kampf gegen Spitalinfektionen anrollen, insbesondere gegen die «Superbugs». Obendrein könnte das Gerät das Pflegepersonal im Alltag massiv entlasten.
Allerdings schränken die Infektiologen in Houston auch ein: Der Reinigungsroboter könne letztlich nur eine Art Sicherheitsnetz sein, so Chetan Jinadatha, einer der Studienautoren.
«Es gibt nicht ein einzelnes Ding, welches das Problem der im Krankenhaus erworbenen Infektionen beseitigt. Aber wir werden es Schritt für Schritt lösen.»
Beim neuen Klein-Keimbekämpfer stellt sich dann ohnehin die Frage, wie er in einem Test wie jenem von Dr. Jinadatha abschneiden würde.



Beitrag von CNBC über den texanischen Xenex-Antikeim-Roboter

Präsentation von UVe, dem Antikeim-Roboter von Thatinventions
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Was unsere Fingernägel über unsere Ernährung verraten

Eine Studie der Hochschule Fulda zeigt erstmals im Detail, wie zuverlässig Mineralstoffmuster in Nägeln den Ernährungsstil abbilden können.

image

Hospital-at-Home kommt ans linke Zürichseeufer

Ab sofort können Patienten am linken Zürichseeufer über das See-Spital Horgen, die Hospital at Home AG und die Spitex Horgen-Oberrieden zu Hause statt im Spital behandelt werden.

image

Ein Oensinger Gesundheitszentrum betreibt den ersten «Medicomat» in der Schweiz

Das Gerät im Vitasphère-Gesundheitszentrum funktioniert wie ein Getränkeautomat. Doch statt Flaschen gibt der Automat rund um die Uhr Medikamente heraus.

image

Diese 29 Erfindungen machen die Medizin smarter

Das US-Magazin «Time» kürte die wichtigsten Innovationen des Jahres aus dem Gesundheitswesen. Die Auswahl zeigt: Fortschritt in der Medizin bedeutet heute vor allem neue Schnittstellen zwischen Mensch, Maschine und Methode.

image

KSGR: Frauenklinik führt 4-Tage-Woche ein

Die Frauenklinik Fontana des Kantonsspitals Graubünden führt eine 4-Tage-Woche ein: 42 Stunden werden auf vier Tage verteilt, das Gehalt bleibt unverändert. Andere Spitäler sehen das Modell skeptisch.

image

Pharmagelder 2024: Zuwendungen an Schweizer Ärzte steigen leicht

2024 erhielten Ärzte, Spitäler und Fachgesellschaften zusammen 262 Millionen Franken – 16 Millionen mehr als im Jahr davor.

Vom gleichen Autor

image

Spital heilt, Oper glänzt – und beide kosten

Wir vergleichen das Kispi Zürich mit dem Opernhaus Zürich. Geht das? Durchaus. Denn beide haben dieselbe Aufgabe: zu funktionieren, wo Wirtschaftlichkeit an Grenzen stösst.

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.