Der Chefarzt der Orthopädie am Kantonsspital Baden (KSB) hat keine Abzocke betrieben. Zu diesem Schluss kommt die Aargauer Finanzkontrolle,
wie das Regionaljournal SRF vor kurzem berichtete. Dabei stützt sie sich auf einen nicht öffentlichen Bericht, der dem Regionaljournal vorliegt.
Dem Chefarzt wurde vor über zwei Jahren vorgeworfen, er habe Honorarabrechnungen manipuliert. Konkret soll er Operationen verrechnet haben, die er gar nicht selber vornahm. Der Arzt wies betrügerischer Bereicherung und böse Absicht stets von sich. Auch das KSB stellte nach externen Überprüfungen klar: Es waren keine Bereicherungsabsichten zu erkennen.
Chefarzt hat teilweise auch zu wenig verlangt
Zu diesem Schluss kommt nun auch der Bericht der Aargauer Finanzkontrolle, die im Auftrag der Geschäftsprüfungskommission den Fall untersucht hat. Es wird zwar eingeräumt, dass es zu hohe Honorare gegeben hat. Aber dahinter stehen keine Bereicherungsabsichten, sondern «unklare Abläufe». Insgesamt sei der Öffentlichkeit kein Schaden entstanden.
Der Chefarzt habe gewisse ihm zustehende Honorare aus Zusatzversicherungen zudem gar nicht verlangt. Diese Summe könnte sogar höher als die zu viel verlangten Beträge sein. Auch hier kam es zu einer unkorrekten Rechnungsstellung, die sich ebenso als eine Folge der nicht ganz klaren Abläufe herausstellte.
Kantonsspital hat die Abläufe verbessert
Der Chefarzt musste damals einen
fünfstelligen Betrag zurückzahlen, das Spital entzog ihm die administrative Leitung der Orthopädie. Weiter musste er sich den Vorwurf gefallen lassen, den Ehrenkodex zur Honorarliste für Chefärzte sowie die Standesordnung der Ärztevereinigung FMH ungenügend eingehalten zu haben. Die Vorkommnisse kostete dem Chefarzt darüber hinaus das Präsidium bei Swiss Orthopaedics, der Fachgesellschaft für Orthopädie und Traumotologie. Im Sommer 2018 hätte er zum Präsidenten für die Jahre 2018 bis 2020 gewählt werden sollen. Er sah sich aber gezwungen, seine Kandidatur zurückzuziehen.
Inzwischen hat das Kantonsspital Baden die Abläufe intern verbessert und das Lohnsystem umgestellt. Heute sei es am KSB in keiner Abteilung mehr möglich, Leistungen falsch zu erfassen und zu hohe oder zu tiefe Rechnungen zu stellen, heisst es. Der Fall zeigt wieder einmal, wie wichtig es ist, Unregelmässigkeiten und Fehlleistungen zwar sorgfältig abzuklären, aber gleichzeitig die Betroffenen vor Vorverurteilungen und vorschneller Kritik zu schützen.