Auch das gibt es: Klinik lässt sich von der Spitalliste streichen

Die Clinique Générale-Beaulieu in Genf möchte mehr Autonomie – und vor allem will sie ein gesundheitspolitisches Zeichen setzen.

, 2. Juni 2017 um 07:33
image
  • genf
  • spital
  • swiss medical network
Die Genfer Privatklinik Générale-Beaulieu ist seit November 2011 ein Listenspital des Kantons Genf. Mit «Rückblick auf die fünfjährige Erfahrung» hat der Verwaltungsrat nun beschlossen, das Haus wieder von der Spitalliste streichen zu lassen. Die Générale-Beaulieu will keine grundversicherten Patienten mehr stationär aufnehmen. Dies gilt vorerst bis Ende 2017.
Mit dem Schritt soll eine neue Gesprächsbasis mit dem Kanton geschaffen werden, so die Mitteilung des Mutterkonzerns Swiss Medical Network. Man erhoffe sich, dass die Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsdepartement wie auch die Synergien mit den Genfer Universitätskliniken HUG jetzt neu ausgelotet werden können – mit dem Ziel, spezifische Bedürfnisse aufzunehmen oder public-private partnerships zu prüfen.

Ambulant für alle, stationär nicht

«Indem wir die Autonomie wählen, hoffen wir, eine gesunde Diskussionsbasis mit dem Kanton zu schaffen und eine konstruktive Zusammenarbeit mit den HUG entwickeln zu können», sagt Verwaltungsratspräsident Raymond Loretan.
Konkret steht nun also ein Modell zum Test an, bei dem die Générale-Beaulieu eine Privatklinik ist, die allen Patienten für ambulante Behandlungen offensteht – aber im stationären Bereich ist sie für Privat- und Privatpatienten reserviert. Das Problem war bislang, dass die Anforderungen des Kantons an ein Listenspital diese Differenzierung nicht erlaubten. Auf der anderen Seite, so argumentiert das Unternehmen weiter, erreichte die Klinik gewisse von den Ärztegesellschaften geforderte Fallzahlen nicht.
image

«Wir klären die Positionen, um diese wichtige Debatte für die Zukunft der Spitallandschaft Schweiz und in Genf zu vertiefen»

Raymond Loretan, SMN, Präsident Générale-Beaulieu
Im Hintergrund steht auch, dass die Klinik erst im Herbst letzten Jahres von Swiss Medical Network übernommen wurde. Die Clinique Générale-Beaulieu, gegründet 1899, ist ein Privatspital mit den Spezialgebieten Orthopädie, allgemeine Chirurgie, Urologie, Gynäkologie und Maternité. Sie verfügt über ein Radiologie-Zentrum, ein Institut für Nuklearmedizin sowie ein Zentrum für Physiotherapie und Rehabilitation. Jährlich werden dort rund 5'700 Krankenhausaufenthalte gezählt. Das Unternehmen beschäftigt rund 450 Mitarbeitende und arbeitet mit rund 600 Belegärzten zusammen.

«Alle bezahlen Steuern…»

Der politische Hintergrund ist ein anderer: Es geht auch darum, ob die Kantone sich in jedem Fall an den Basiskosten von Privat- und Halbprivat-Stationärpatienten beteiligen sollen. Der Kanton Genf ist hier nach Einschätzung von Swiss Medical Network sehr restriktiv, das heisst: Er berappt seinen 55-Prozent-Anteil nur in öffentlichen Spitälern und ganz begrenzt in gewissen Privathäusern.
Swiss Medical Network verteidige auch auf nationaler Ebene das Prinzip der Gleichbehandlung für alle Patienten – so nun die Erklärung im Zusammenhang mit dem Ausstieg: «Alle bezahlen Steuern, alle bezahlen ihre Grundversicherung und einzelne erweitern ihre Deckung mit einer Zusatzversicherung.» Indem die Générale-Beaulieu nun die Spitalliste verlässt, «klären wir die Positionen, um diese wichtige Debatte für die Zukunft der Spitallandschaft Schweiz und in Genf zu vertiefen», sagt Raymond Loretan.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

18 Prozent tiefere Betreuungskosten: Genf etabliert neues Reha-Modell

Der Kanton Genf verlängert und erweitert einen Test zur Rehabilitation in der Chirurgie. Dabei werden Spitalpflege und häusliche Betreuung verwoben werden.

image

Sparprogramme reichen nicht: Das Spitaljahr im Check

Kooperationen, weniger Angebote, effizientere Abläufe, Schliessungen, Nullrunden bei den Löhnen: Die öffentlichen Akutspitäler haben viel getan, um die Finanznot zu bekämpfen. Fazit: So geht es trotzdem nicht weiter.

image

Spitäler 2025 und 2026: Bessere Margen – aber grosse Tarif-Fragezeichen

Die Finanzchefs der Schweizer Spitäler erwarten fürs Erste eine etwas bessere Rentabilität. Zugleich sorgt das neue Tarifsystem für Unsicherheit. Die Erwartungen reichen von Mehreinnahmen bis zu spürbaren Einbussen.

image

Hôpital de La Tour: Finanzielle Verluste, aber grosse Ambitionen

Das Hôpital de La Tour in Meyrin rechnet damit, das Jahr 2025 mit roten Zahlen abzuschliessen – eine direkte Folge der Spannungen mit den Versicherern.

image

Die 10-Prozent-Illusion der Schweizer Spitäler

Eine Betriebsrendite von zehn Prozent galt lange als Überlebensregel für Akutspitäler. Womöglich ist dieser Richtwert inzwischen zu tief. Die Beratungsfirma PwC fordert mehr Effizienz – die Spitäler höhere Tarife.

image

Notfalldienst unter Druck: Kinderarzt-Zentrum in Genf kapituliert

Das Bundesgericht hat die systematische Notfallpauschale gestoppt – jetzt stoppt eine weitere Praxis ihren Dienst. In Genf verlagert sich die Versorgungslast auf zwei verbleibende Standorte.

Vom gleichen Autor

image

Spital heilt, Oper glänzt – und beide kosten

Wir vergleichen das Kispi Zürich mit dem Opernhaus Zürich. Geht das? Durchaus. Denn beide haben dieselbe Aufgabe: zu funktionieren, wo Wirtschaftlichkeit an Grenzen stösst.

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.