Arzt untergetaucht: Verdacht auf Betrug

Im Aargau verschwand ein Hausarzt spurlos und liess die Dossiers zurück. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft.

, 3. November 2016 um 11:06
image
  • praxis
  • santésuisse
  • versicherer
  • überversorgung
  • wzw-verfahren
Der Fall gab nicht nur im Kanton Aargau zu reden: In Brugg blieb eine Hausarztpraxis von einem Tag auf den anderen geschlossen, an der Türe zurück blieb ein Zettel, der schloss mit dem Satz: «Die Krankengeschichten können ab Montag, 6. Juni, beim KG-Archiv Schweiz in Kehrsatz bezogen werden». Keine weiteren Erklärungen.
Der Mann war verschwunden. Ende August entzog das kantonale Gesundheitsdepartement dem Abwesenden die Bewilligung, unter anderem aus Mangel aus Vertrauen. Wie inzwischen deutlicher wird, dürfte es sich beim Arzt nicht nur um einen Abwesenden handeln, eher um einen Flüchtigen: Der Mediziner war untergetaucht, nachdem sich ein Kontrolleur der CSS an seine Spuren geheftet hatte.

Zuletzt gesehen: Militärkrankenhaus Bukarest

Der dringende Verdacht nun: Codrut Blejan, so der Name des Hausarztes, hat die Krankenkassen um etwa 1,5 Millionen Franken betrogen – Überarztung. Dies fand die SRF-Sendung «Rundschau» heraus. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft bestätigte im Fernsehbeitrag, dass ein Verfahren eingeleitet wurde. 
Freilich: Der Arzt habe noch gar nicht befragt werden können, da niemand weiss, wo er sich aufhält.
Das «Rundschau»-Team machte sich zwar auf den Weg bis nach Bukarest, wo der rumänisch-stämmige Mediziner zuletzt an einem Militärkrankenhaus tätig gewesen war, aber letztlich ohne Erfolg.
image
Die Geschichte des Brugger Arztes spielte in einem Beitrag zum Generalthema «Abzocker-Ärzte» (so der Titel). Thematisiert wurde, dass pro Jahr rund 2000 Ärzte den Santésuisse-Wirtschaftlichkeitsprüfern wegen verdächtig hoher Rechnungen auffallen.
Santésuisse fordert in diesem Zusammenhang jährlich etwa 2 Millionen Franken von Ärzten zurück; Direktorin Verena Nold schätzte im Beitrag aber, dass weitere 25 Millionen Franken an überhöhten Rechnungen dank den Kontrollen eingespart werden.
Die Santésuisse-Direktorin kündigte denn auch am TV an, dass man politische Vorstösse einreichen will: «Wir wollen nur noch jene Ärzte entschädigen, die qualitativ und wirtschaftlich gute Leistungen erbringen», so Nold. «Schwarze Schafe, die zu viel einkassieren, sollen Krankenversicherer nicht mehr bezahlen müssen.»
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Rückforderungen: Bundesgericht gibt weiterer Ärztin recht

Rund 20 Krankenversicherungen verlangten von einer Ärztin 135'000 Franken zurück. Das Bundesgericht fordert eine Neubeurteilung.

image

Swica zahlt wieder für Genfer Privatkliniken

Die anderen grossen Kassen haben sich bereits mit den Spitälern geeinigt. Nun hat auch die Swica wieder einen Vertrag für ihre Privat- und Halbprivatpatienten in drei Genfer Kliniken.

image

Viva Health: Von der Ausnahme zur Regel

Letztes Jahr konnte das neuartige Grundversicherungs-Angebot im Jurabogen die Prämien stabil halten – es war ein spannender Spezialfall. Und jetzt?

image

Assura reagiert auf gefährdete Screening-Programme

Assura lanciert ein Grundversicherungsmodell für Frauen, das gynäkologische Vorsorge sowie Brustkrebs-Screenings franchisefrei abdeckt.

image

CSS Gruppe: Nachfolge von Philomena Colatrella geklärt

Mirjam Bamberger heisst die neue CEO der CSS. Sie kommt von der AXA-Gruppe.

image

Assura und KSBL starten neues Grundversicherungsmodell «Hausspital»

Der Krankenversicherer Assura und das Kantonsspital Baselland lancieren gemeinsam das Grundversicherungsmodell «Hausspital», eine Weiterentwicklung des Hausarztmodells.

Vom gleichen Autor

image

Spital heilt, Oper glänzt – und beide kosten

Wir vergleichen das Kispi Zürich mit dem Opernhaus Zürich. Geht das? Durchaus. Denn beide haben dieselbe Aufgabe: zu funktionieren, wo Wirtschaftlichkeit an Grenzen stösst.

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.