«Im Freien finden so gut wie keine Infektionen durch Aerosolpartikel statt»: Das ist der Kernsatz eines
Papiers, das die Gesellschaft für Aerosolforschung (GAeF) veröffentlicht hat. Die Fachleute der Gesellschaft finden es deshalb unsinnig, wenn Treffen im Freien verboten oder beschränkt werden. Sie sind sogar der Meinung: «Die andauernden Debatten über das Flanieren auf Flusspromenaden, den Aufenthalt in Biergärten, das Joggen oder das Radfahren haben sich längst als kontraproduktiv erwiesen.»
Besser auf der Terrasse als in der Wohnung
Die GAeF geht davon aus, dass offene Restaurant-Terrassen zu einer Entspannung der Lage beitragen könnten: «Wer sich zum Kaffee in der Fussgängerzone treffen kann, muss niemanden in sein Wohnzimmer einladen.» Auf der Restaurant-Terrasse sei die Einhaltung der bekannten Hygieneregeln zu erwarten, zu Hause dagegen nicht.
Der Bundesrat ist nun ebenfalls der Meinung, dass offene Restaurant-Terrassen wohl keine grosse Gefahr für Ansteckungen bieten. Ab kommendem Montag dürfen sie öffnen. Es gelten aber strenge Regeln: Die Besucher müssen sitzen. Die Maske darf nur während der Konsumation abgelegt werden. Pro Tisch sind maximal vier Personen erlaubt. Alle müssen ihre Kontaktdaten angeben.
Auch im Freien gibt es Tröpfcheninfektionen
Diese Vorgaben zeigen auch: Ein Freipass für jegliche Tätigkeiten im Freien sind die Erkenntnisse der Aerosolforscher jedoch nicht. Denn die Experten schränken ein: «Es können auch im Freien Tröpfcheninfektionen auftreten, insbesondere in Menschenansammlungen, wenn Mindestabstände nicht eingehalten und keine Masken getragen werden.»
Christof Asbach ist Präsident der Gesellschaft für Aerosolforschung und Lehrbeauftragter für thermische Verfahrenstechnik an der Universität Duisburg-Essen. | UDE
Wer hustet, niest, singt oder redet, stösst neben Aerosolen auch Tröpfchen aus. Die Tropfen sind viel grösser als Aerosolteilchen und können deshalb auch mehr Viren enthalten. Deshalb sei auch im Freien die Abstandsregel von 1,5 Metern nach wie vor sehr sinnvoll, finden die Aerosol-Fachleute.
«Die Gefahr lauert drinnen»
Weiter ist die GAeF überzeugt: «Wenn wir die Pandemie in den Griff bekommen wollen, müssen wir die Menschen sensibilisieren, dass drinnen die Gefahr lauert. In den Wohnungen, in den Büros, in den Klassenräumen, in Wohnanlagen und in Betreuungseinrichtungen müssen Massnahmen ergriffen werden.»
Die sechs Regeln der Aerosolforscher
1. Infektionen finden in Innenräumen statt, deshalb sollten sich dort möglichst wenige Menschen ausserhalb ihres Haushaltes treffen. Zusätzlich muss man beachten, dass man sich in kleinen oder schlecht belüfteteten Innenräumen auch dann anstecken kann, wenn sich dort zuvor ein Infektiöser aufgehalten hat.
2. Man sollte die Zeiten der Treffen und die Aufenthaltszeiten in Innenräumen so kurz wie möglich gestalten.
3. Man sollte durch häufiges Lüften der Innenräume Bedingungen wie im Freien schaffen.
4. In Innenräumen sollten dichte Masken getragen werden.
5. Dort, wo Menschen sich länger in geschlossenen Räumen aufhalten müssen (Wohnheime, Schulen, Alters- und Pflegeheime, Betreuungseinrichtungen, Büros und andere Arbeitsplätze) sollten Raumluftreiniger und Filter installiert werden.
6. In grossen Hallen und Räumen ist die Ansteckungsgefahr viel geringer als in kleinen Versammlungsräumen. Wenn wieder Theater, Konzerte, und Gottesdienste stattfinden, sollte das in grossen, gut gelüfteten Hallen sein oder besser noch im Freien.