Gesundheits-Sendung «Puls» über Mammographien: «Zu pessimistisch»

Eine Sendung über den Nutzen von Brustkrebs- und Prostata-Screening stösst bei einem Arzt auf Kritik. Die Aussagen seien unwahr und irreführend.

, 13. Februar 2025 um 06:32
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Umstrittenes Brustkrebs-Screening: Die TV-Senung Puls machte eine Sendung über Vorsorgeuntersuchungen. | SRF
Die Gesundheitssendung «Puls» im Fernsehen SRF zeigte in ihrer Ausgabe über Vorsorgeuntersuchungen einen «klassischen Fall von Überdiagnose»: Ein 77-jähriger Mann stirbt an einem Schlaganfall. Der Mann hatte auch Prostata-Krebs, von dem er aber nie etwas gespürt hatte.
Das Fazit in der Sendung: «Wäre der Mann mit 65 Jahren zur Vorsorgeuntersuchung gegangen, hätten die Ärzte den Prostatakrebs diagnostiziert. Die Folgen wären Biopsie, womöglich Operation, Bestrahlung und der damit verbundene psychische Stress – plus damit einhergehende Risiken wie Inkontinenz und Impotenz. Seine Lebenserwartung hätte sich nicht verändert, weil er mit 77 Jahren an einem Schlaganfall stirbt.»

Beschwerde gegen die Sendung

Diese Darstellung stösst beim Verein Ethik und Medizin Schweiz auf Kritik. Der Arzt und Stiftungsratspräsident Michel Romanens hat deshalb eine 28-seitige Beschwerde gegen die Fernsehsendung «Puls» eingereicht.
Zuvor hatte Michel Romanens die Sendung bereits bei der Ombudsstelle der SRG beanstandet. Er kritisiert eine tendenziöse Berichterstattung, die in Bezug auf das Brustkrebs- und Prostata-Screening bewusst Angst schüre und Panikmache sei. Er wirft der «Puls»-Redaktion eine «paternalistische und utilitaristische Rationierungsagenda» vor.

Keine «Warnung» vor diesen Untersuchungen

Die Redaktion wies solche Vorwürfe zurück. Es sei nicht so, dass die Sendung vor dem Brustkrebs-Screening warne. Sie zeige beide Seiten. Anhand der Geschichte einer Betroffenen stelle sie die Vorteile des Screenings deutlich dar. Etwa mit dem Hinweis: «Obwohl Elisabeth Keller keine Anzeichen für Brustkrebs hatte, machte sie vorsorglich eine Mammographie. So wurde der bösartige Tumor frühzeitig entdeckt.»
Auch die Bülacher Frauenärztin Margaret Hüsler bestätige in der Sendung: «Andererseits ist die Mammographie natürlich dazu da, dass wir den Befund früh erkennen, das heisst auch Befunde, die man nicht getastet hat.»
Anschliessend werden in der Sendung auch die Nachteile genannt. Die Fachärztin Corinne Chmiel sieht den Nutzen eines flächendeckenden Screenings kritisch, weil es bei diesem häufig zu falsch positiven Diagnosen und somit zu unnötigen Folgeabklärungen oder Eingriffen komme.
Corinne Chmiel ist Mitglied des wissenschaftlichen Komitees von Evipre, einem Programm zu evidenzbasieren Prävention in der medizinischen Grundversorgung.

«Ich kann nur beraten»

Auf die Nachfrage, ob denn die Verhinderung eines Todesfalles das Screening nicht doch rechtfertige, antwortet Corinne Chmiel: «Ich kann nur beraten, was Vor- und Nachteile sind. Und schlussendlich muss jede Frau das für sich entscheiden und darum finde ich es so wichtig, dass man bei der Mammographie eine wirklich saubere Aufklärungsstrategie fährt.»
Die Ombudsstelle der SRG kam zum Schluss, dass die Sendung nicht gegen das Sachgerechtigkeitsgebot verstossen habe.
Trotzdem hält Romanens an seiner Kritik fest. Er ist überzeugt, dass das Publikum von der SRG erwarte, dass sie keine pessimistische Sicht vertrete und die Frühdiagnose von Krebserkrankungen als nicht kosteneffektiv bezeichne, weil die Getesteten unter Umständen vor Ausbruch des Krebses an einem Herzinfarkt oder Hirnschlag versterben würden.



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