Frankreich: Quoten in der Pflege per Gesetz

Im Nachbarland soll eine Behörde nun festlegen, wieviel Pflegepersonal pro Krankenhauspatient nötig ist. Wie soll das gehen angesichts des Fachkräftemangels?

, 27. Januar 2025 um 15:31
image
Pflege- und Medizinpersonal in einer Notfallstation in Saint-Denis mit einem Patienten  |  Bild: Screenshot aus einer Reportage des Online-Mediums Konbini.
Die französische Nationalversammlung stimmte letzte Woche für einen Gesetzentwurf, der eine Mindestzahl von Pflegekräften pro Krankenhauspatient vorschreibt. Das Resultat war sehr eindeutig, und somit ist das Gesetz nun endgültig vom Parlament verabschiedet, da der Senat – also die kleine Kammer – das Anliegen bereits vor zwei Jahren durchgewunken hatte.

Quoten nach Fachrichtung

Das Gesetz sieht die Einführung von Quoten für Pflegekräfte nach Fachrichtung vor. Sie sollen für Pflegefachleute, Pflegehelferinnen und -helfer sowie andere für andere paramedizinische und pflegerische Berufe gelten. Diese Quoten werden nun von der unabhängigen Behörde Haute Autorité de Santé festgelegt.
Laut dem Gesetzestext müssen die «Haute Autorité» dabei «die mit der Tätigkeit verbundene Pflegelast» berücksichtigen und gleichzeitig «den spezifischen Bedarf aufgrund der Spezialisierung und der Grösse der Einrichtung» berücksichtigen. Die Behörde hat nun zwei Jahre Zeit, um diese Quoten festzulegen, die dann wiederum für einen Zeitraum von fünf Jahren gültig sein sollen.

Eine «Investitionsausgabe»

Das Ziel des neuen Gesetzes ist klar: Die Qualität der Pflege soll verbessert, die Attraktivität der Pflegeberufe gesteigert und das oft überlastete Personal soll unterstützt werden.
Es geht auf einen von der sozialistischen Fraktion eingebrachten Antrag zurück und wird als «Investitionsausgabe» bezeichnet: Denn die Quoten sollen «eine frühere Behandlung» und «kürzere Aufenthalte» im Spital dank «schnellerer Heilung» ermöglichen. Obendrein sollen sie helfen, das Risiko nosokomialer Krankheiten und von Komplikationen verringern.
«Diese Verhältnisse gibt es bereits in anderen Ländern», erklärte Guillaume Garot (Parti Socialiste) vor der Nationalversammlung. «Es ist in Kalifornien der Fall und auch in Australien im Bundesstaat Queensland.» Garot fügte hinzu: «In diesen Staaten ist die Wirksamkeit nachgewiesen. Die Kennzahlen führten zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen und damit zu einer Verbesserung der Qualität der Patientenversorgung. Und die Ergebnisse sind auch wirtschaftlich überzeugend, weil sie letztendlich zu Einsparungen führen.»

Und in der Schweiz?

In der Schweiz gibt es kein Gesetz, das ein festes Verhältnis zwischen der Anzahl der Pflegekräfte und der Anzahl der Patienten vorschreibt. Angesichts der unterschiedlichen klinischen Situationen und Versorgungsstrukturen war der Bundesrat der Ansicht, dass solch eine Quote zu kompliziert wäre. Die Bestimmung der Anzahl und des Qualifikationsniveaus der Gesundheitsfachkräfte würde ohnehin in den Zuständigkeitsbereich der Kantone oder der dort kontrollierten Gesundheitseinrichtungen fallen. Diese Parameter müssten an die spezifischen Bedürfnisse der jeweiligen Bevölkerung angepasst werden.
Darüber hinaus erinnerte die Gesundheitsdirektoren-Konferenz daran, dass nach dem im November 2021 verabschiedeten Verfassungsartikel 117b der Bund und die Kantone die Aufgabe haben, eine ausreichende Anzahl diplomierter Pflegefachpersonen zu gewährleisten – ohne jedoch spezifische Quoten vorzuschreiben.
Gesundheitsobservatorium Obsan liefert Vergleichszahlen zur Nurse-to-Patient-Ratio, welche die Anzahl der Vollzeitäquivalente (VZÄ) des Pflege- und Betreuungspersonals aller Ausbildungsstufen pro 100 betreute Patienten angibt.
Anzahl VZÄ an Pflege- und Betreuungspersonal pro 100 Patienten in der Schweiz im Jahr 2022 - Spitäler und Kliniken
Sources: OFS – Statistique administrative des hôpitaux (KS), Statistique des institutions médico-sociales (SOMED) et Statistique de l’aide et des soins à domicile (SPITEX)
Source: OFS – Statistique administrative des hôpitaux (KS)

«Der Vorschlag, im Krankenhaus eine bestimmte Anzahl von Pflegekräften pro Patient einzusetzen, ist attraktiv»: «Franceinfo», «JT» von 8 Uhr, Ausgabe vom Donnerstag, 23. Januar 2025.

  • Qualität
  • pflege
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Pflege: Sparen beschäftigt mehr als Rekrutieren

Die Hauptsorge der Pflegeleitungen in der Schweiz ist nicht mehr der Personalmangel. Das «CNO-Barometer 2025» deutet an, dass die Chief Nurse Officers den Blick neu ausrichten.

image

Ein Blutstropfen Hoffnung bei Alzheimer

Neue Bluttests könnten die Alzheimer-Diagnostik revolutionieren – früher, einfacher, präziser. Sie eröffnen Chancen, das Gesundheitssystem zu entlasten und geben Patient:innen und Ärzt:innen neue Hoffnung.

image

BFS: Zahl privater Spitex-Anbieter erreicht Rekordwert

Die Zahl privater Spitex-Anbieter erreichte 2024 einen neuen Höchststand: 844 gewinnorientierte Unternehmen leisten immer mehr Pflegestunden, während gemeinnützige Organisationen Marktanteile verlieren.

image

Pflegeinitiative: Politik bremst bei der Umsetzung – erst Kosten, dann Gesetz

Die Beratungen über das neue Pflegegesetz gehen in eine neue Runde: Die zuständige Nationalrats-Kommission will genauer wissen, was das kostet. — «Unfassbar!», kommentiert dies der Personalverband SBK.

image

Krankenkassen fordern Vorgaben für psychiatrische Angehörigenpflege

Mit Qualitätsverträgen wollen die Krankenversicherungen die Grenze zwischen psychiatrischer Grundpflege und Alltags-Betreuung bestimmen.

image

Lindenhofgruppe: Die Zukunft im Blick

Als Qualitätsführerin in Medizin und Pflege gilt es, Herausforderungen frühzeitig zu erkennen und das Angebot stetig weiterzuentwickeln. Damit es gelingt, dem steigenden wirtschaftlichen Druck wirkungsvoll zu begegnen.

Vom gleichen Autor

image

Neuenburg: Muss das Spital in La Chaux-de-Fonds jetzt doch schliessen?

Vor einigen Jahren beschlossen die Bürger, dass der Kanton Neuchâtel zwei Spitäler betreiben soll – nicht nur eines. Jetzt beginnt die Debatte erneut.

image

Westschweizer Apotheker werden zu häuslicher Gewalt bei Senioren geschult

Freiburg gehört nun auch zu den Westschweizer Kantonen, die ein Ausbildungsmodul für Apothekenpersonal anbieten, um ältere Opfer von häuslicher Gewalt besser betreuen zu können.

image

Waadt: Gesundheitsdirektorin Rebecca Ruiz tritt zurück

Die Vorsteherin des Gesundheits- und Sozialdepartements des Kantons Waadt hört nächstes Frühjahr auf – aus gesundheitlichen Gründen und mangels Rückhalt in der Partei.