Die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (SVP) hat vor ein paar Tagen einen radikalen Vorschlag gemacht: Die seit 30 Jahren obligatorische Krankenversicherung sei «aus finanzieller Sicht gescheitert», sagte sie in einem Interview mit der «Sonntagszeitung».
«Ohne Tabu»
Es brauche eine grundlegende Reform. «Dabei darf es keine Tabus geben. Meiner Meinung nach sollte sogar eine Abschaffung der obligatorischen Krankenversicherung in Betracht gezogen werden», sagte sie.
Vier Szenarien für eine neue Kasse
Damit bringt sie eines von vier Szenarien für eine grundlegende Änderung der Krankenversicherung in der Schweiz ins Spiel:
- Kein Obligatorium mehr: Das heisst, dass private Versicherungen abgeschlossen werden müssten. Ältere und kranke Personen müssten hohe Prämien zahlen; junge Versicherte hingegen tiefe. Wer sich keine private Versicherung leisten kann oder will, könnte viele Behandlungen gar nicht selber zahlen, sondern wäre auf Hilfe der öffentlichen Hand angewiesen.
- Weiterhin obligatorische Grundversicherung, aber stark reduziert: Damit drohe eine Zweiklassen-Medizin, sagen die Kritiker.
- Wahl zwischen Vollversicherung und «Grundversicherung light»: Die Grundversicherung wäre mindestens ein Viertel billiger, würde aber die Arztwahl einschränken und gewisse Behandlungen nicht decken. Eine solche «Budget»-Versicherung hat die FDP kürzlich vorgeschlagen.
- Staatliche Einheitskasse: Jeder Kanton hätte seine öffentliche Kasse, welche sich zu interkantonalen Kassen zusammenschliessen könnte. Die Prämienhöhe würde sich nach dem Einkommen richten und dürfte zehn Prozent nicht übersteigen. Bund und Kantone müssten die Differenz übernehmen. So lautet der Plan der SP für eine entsprechende Initiative. Bisher aber sind sämtliche Anläufe der SP an der Urne gescheitert, zuletzt 2014 die Initiative für eine Einheitskasse.
Eine grundlegende Änderung der Krankenversicherung in der Schweiz hätte derzeit wohl gute Chancen. Denn erstens künden die Krankenkassen bereits wieder Prämienerhöhungen von über sechs Prozent an. Und zweitens wäre der Abgang von Alain Berset als Gesundheitsminister ein guter Zeitpunkt für eine Neuregelung.