Deshalb sind Ärzte vor Bundesgericht so erfolgreich

Schon wieder sind die Krankenkassen mit Rückforderungen bei Ärzten vor Bundesgericht abgeblitzt. Das höchste Gericht stützt neu die Ärzte besser.

, 5. Februar 2025 um 10:28
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Gerichtssaal des Bundesgerichts  |  Bild: PD BG
Erneut wurden 24 Krankenkassen vom Bundesgericht zurückgepfiffen: Von einem Genfer Internisten wollten sie 643'000 Franken Rückerstattung wegen Überarztung. Das Bundesgericht gab dem Arzt recht: Die Kassen müssen nochmals über die Bücher und neu rechnen.
Erst kürzlich entschied das Bundesgericht auch zugunsten einer Berner Gruppenpraxis. Ursprünglich forderten die Krankenkassen rund eine Million Franken zurück. Das Bundesgericht fand: So geht das nicht.
Dass die Ärzte so erfolgreich sind mit ihren Klagen vor Bundesgericht, hat einen Grund: Ein wegweisendes Urteil des Bundesgerichts vom Dezember 2023 hat das Kräfteverhältnis zwischen Ärzten und Versicherern korrigiert.
Denn die Krankenkassen dürfen sich seither gemäss Urteil der höchsten Richter nicht mehr allein auf die so genannte statistische Regressionsanalyse stützen, wenn sie beweisen wollen, dass eine Arztpraxis unwirtschaftlich sei.
Sie müssen eine individuelle Prüfung der Arztpraxis durchführen.
Bis vor kurzem hat das Bundesgericht die Ergebnisse der statistischen Methode genug Beweiskraft zuerkannt, um die Unwirtschaftlichkeit einer Arztpraxis nachzuweisen.

Regressionsanalyse = 1. Schritt

Das Kehrtwende-Urteil vom Dezember 2023 betraf einen Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, der eine Bewilligung zur Führung einer Praxisapotheke hatte.
Die Krankenkassen warfen ihm aufgrund der Berechnungen mit der Regressionsmethode vor, dass er seine Praxis unwirtschaftlich führe. Er hätte für das Jahr 2017 einen Betrag von 267'000 Franken zurückzuzahlen sollen. Der Arzt focht diesen Entscheid an und zog den Fall vor das Bundesgericht.
Er machte geltend, dass die statistische Analyse nicht per se die Feststellung einer unwirtschaftlichen Behandlung ermögliche. Er kritisierte ausserdem die Art und Weise, wie die Faktoren behandelt wurden, die die Kostenstruktur seiner Praxis beeinflussen. Und er forderte, dass der seine Bewilligung zum Betrieb einer Praxisapotheke bei der Beurteilung seiner Praxis miteinbezogen werde.
Das Bundesgericht stellte dann fest, dass die Regressionsanalyse dazu diene in einem ersten Schritt «anormale» Kosten in der Rechnungsstellung aufzudecken.
Doch die Feststellung einer «Abnormalität» bedeute noch nicht, dass die Praxis des Arztes unwirtschaftlich wäre. Erst eine individuelle Prüfung der Praxis des betreffenden Arztes ermögliche den Entscheid, ob ein Arzt das Wirtschaftlichkeitsgebot verletze.
Diese fallweise Prüfung soll es dem Arzt ermöglichen, seine Kosten zu rechtfertigen. In bestimmten Fällen kann auch eine Auswahl von Krankenakten geprüft werden.
Die neusten Urteile vom 23. Dezember 2024: 9C_795/2023 — 9C_24/2024
Das wegweisende Urteil vom 12. Dezember 2023: 9C_135/2022

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