Antibiotika: Studie zeigt Ausmass der Resistenz-Krise

Etwa 10'000 Menschen sterben in Deutschland jährlich an einer resistenten Infektion. Insgesamt könnten Resistenzen bei über 45'000 Todesfällen eine Rolle spielen: Das zeigt eine Analyse von RKI und US-Forschern.

, 22. August 2025 um 04:52
letzte Aktualisierung: 18. September 2025 um 06:24
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Tödliche Kombination: Der Erreger Staphylococcus aureus  |  Bild: Janice Haney Carr — CDC / Matthew J. Arduino, DRPH.
Pro Jahr sterben in Deutschland knapp 10’000 Menschen wegen einer antibiotikaresistenten Infektion. Insgesamt dürften Resistenzen sogar bei über 45’000 Todesfällen eine Rolle spielen.
Dies deutet eine Auswertung an, die das Robert Koch-Institut und das Institute for Health Metrics and Evaluation der University of Washington gemeinsam erarbeitet haben.
Die Studie unterscheidet zwischen 9’600 «attributable deaths», also Todesfällen, die direkt einer Resistenz zugeschrieben werden können, sowie 45’600 «associated deaths»: Dies waren Todesfälle, bei denen Antibiotikaresistenzen mitgewirkt haben dürften.
Hochgerechnet gingen durch die direkten Resistenz-Todesfälle etwa 160’000 Lebensjahre (DALYs) verloren.
  • Tomislav Meštrović, Sebastian Haller, Gisela Robles Aguilar, Annika Meinen, Anna Gershberg Hayoon et al.: «Antimicrobial resistance burden landscape in Germany in 2019: a comparative country-level estimation», in: «JAC-Antimicrobial Resistance», August 2025.
  • doi: 10.1093/jacamr/dlaf142
Erfasst wurden die Daten des Jahres 2019 (also aus der Vor-Corona-Zeit). Als häufigste Infektionsquellen für solche Todesfälle abei erschienen Blutbahn-, Atemwegs- und intraabdominelle Infektionen. Die gefährlichsten Bakterien waren Escherichia coli, Staphylococcus aureus, Enterococcus faecium, Klebsiella pneumoniae sowie Pseudomonas aeruginosa.
Die Studie bestätigt einmal mehr, dass Infektionen durch resistente Keime zu den wichtigsten Todesursachen zählen. Zum Vergleich: Im Stichjahr 2019 starben in Deutschland insgesamt knapp 940’000 Menschen.
«Die Dynamik der Resistenz bei wichtigen Kombinationen von Erregern und Medikamenten unterstreicht die Notwendigkeit einer besseren Überwachung und gezielter Interventionen sowie einer Stärkung der Programme zur antimikrobiellen Behandlung», lautet ein Fazit der Autoren: «Unsere Erkenntnisse dienen als zentrales Instrument für die Politikentwicklung und für gezielte Strategien. Diese sollten auch einen ‚One Health‘-Ansatz berücksichtigen, ferner neu auftretende Risikofaktoren wie den Klimawandel.»

In a nutshell:

  • Häufigste Infektionsquellen für AMR-Todesfälle: Blutbahn-, Atemwegs- und intraabdominelle Infektionen
  • Top-Pathogene: Escherichia coli, Staphylococcus aureus, Enterococcus faecium, Klebsiella pneumoniae, Pseudomonas aeruginosa
  • Erreger-Wirkstoff-Kombinationen mit besonders hoher Belastung: E. coli resistent gegen β-Laktam/β-Laktamase-Inhibitoren; führend bei direkt verursachten («attributable») Todesfällen. 🦠 E. coli resistent gegen Aminopenicilline; bedeutsam bei «associated» Todesfällen


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