Das Problem mit den Krebsmedikamenten

Ein Drittel der Medikamente, die aktuell gegen Krebs verordnet werden müssen, fehlt auf der Spezialitätenliste. Chefarzt spricht von Zweiklassenmedizin.

, 8. Oktober 2022 um 10:11
image
«Wir haben eine reine Sparvorlage, die die Versorgungssicherheit gefährdet und die Rechte der Patienten massiv beschneidet.» Roger von Moos, Chefonkologe am Kantonsspital Graubünden. | Bild: Screenshot SRF
«Chefarzt warnt vor Zweiklassenmedizin». Der Titel zu einem Artikel im «Blick» irritiert. Eine Zweiklassenmedizin haben wir in der Schweiz schon längst. Wer sich eine Spitalkostenzusatzversicherung halbprivat oder privat leistet, kann - oder sollte wenigstens - mit besseren Leistungen rechnen können.
Doch Roger von Moos, Chefonkologe am Kantonsspital Graubünden, spricht von einer anderen Art von Zweiklassenmedizin: jener innerhalb der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP).

Car-T-Zelltherapie

Hintergrund ist der tragische Fall von Riebli-Föhn, der im letzten Jahr für Aufsehen sorgte. Dem Krebspatienten wurde im Frühling 2020 eine Car-T-Zelltherapie verschrieben. Seit Anfang 2020 wird diese über die OKP abgedeckt.
Doch die Krankenkasse SLKK verweigerte die Übernahme der Kosten und ging mit dem todkranken Patienten durch alle Gerichtsinstanzen bis vors Bundesgericht - und verlor. Der Patient verstarb, weil die Behandlung wegen der gerichtlichen Verzögerung zu spät in Angriff genommen werden konnte.
Der Fall Riebli-Föhn mag speziell sein, weil die verordnete Therapie auf der Spezialitätenliste war. Doch ein Drittel der Medikamente, die aktuell gegen Krebs verordnet werden müssen, steht laut «Blick» nicht auf der Liste. Sei es, weil das Medikament erst für eine andere Krebsart zugelassen ist, sei es, weil sich das BAG und der Hersteller nicht auf einen Preis zu einigen vermochten.

Den Krankenkassen ausgeliefert

Für diesen Off-Label-Bereich sind die Patienten dem Krankenversicherer ausgeliefert. «Gut möglich, dass von zwei Frauen mit der gleichen Brustkrebsdiagnose die eine das Medikament bezahlt bekommt, die andere aber nicht», schreibt das Ringier-Blatt.
Das ist es, was der Chefarzt mit Zweiklassenmedizin meint. Mit der neuen Krankenversicherungsverordnung sollte zwar diese Ungleichbehandlung aus der Welt geschafft werden. «So soll es keine Rolle mehr spielen, bei welcher Krankenkasse ein Patient versichert ist – innovative Medikamente, die Leben retten, sollen allen offenstehen.»
So soll mit der Revision die Zugangsgerechtigkeit verbessert, die Qualität erhöht und die Bürokratie abgebaut werden. «Keines dieser Ziele wurde erreicht», sagt Chefonkologe Roger von Moos im «Blick». «Jetzt ist es eine reine Sparvorlage, die die Versorgungssicherheit gefährdet und die Rechte der Patienten massiv beschneidet.»
  • kantonsspital graubünden
  • chefarzt
  • krebs
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Vom Inselspital zurück ins Wallis

Njomeza Susuri Pfammatter ist neue Chefärztin Kardiologie am Spital Visp. Am Inselspital hatte sie einst Geschichte geschrieben.

image

CHVR: Stroke-Spezialist wird Chefarzt

Christophe Bonvin leitet neu die Abteilung für Neurologie am Centre Hospitalier du Valais Romand (CHVR).

image

Kantonsspital Olten: Neuer Chefarzt Adipositaschirurgie

Urs Pfefferkorn übernimmt gleichzeitig die Führung des Departements Operative Medizin.

image

KSBL: Andres Heigl wird befördert

Er wird stellvertretender Chefarzt der Klinik Chirurgie & Viszeralchirurgie am Kantonsspital Baselland.

image

Vom Inselspital ans USB: Neuer Chefarzt Intensivmedizin

David Berger wird Professor für Intensivmedizin und zugleich Chefarzt am Universitätsspital Basel.

image

Medizinische Onkologie LUKS: Co-Chefarzt wird Chefarzt

Stefan Aebi wird 2025 pensioniert. Sein Nachfolger heisst Oliver Gautschi-Bachofer.

Vom gleichen Autor

image

«Genau: Das Kostenwachstum ist kein Problem»

Für FMH-Präsidentin Yvonne Gilli ist klar: Es braucht Kostenbewusstsein im Gesundheitswesen. Aber es braucht keine Kostenbremse-Initiative.

image

«Kein Mensch will Rationierungen»

Für Santésuisse-Präsident Martin Landolt würde die Kostenbremse-Initiative nicht zu Qualitätsverlust führen. Solange die Bundespolitik ihre Hausaufgaben macht.

image

«Die Spitäler sind selber schuld»

Santésuisse-Präsident Martin Landolt über defizitäre Spitäler, den Tardoc-Streit, ambulante Pauschalen und unnatürliche Kooperationen.