Die Hälfte der 13’000 Ärzte und Assistenzärzte an grossen Spitälern in Südkorea haben laut
Medienberichten ihre Kündigung eingereicht, 1600 von ihnen sind nicht zur Arbeit erschienen. Der Grund sind Pläne der Regierung, mehr Studienplätze im Fach Medizin zu schaffen und damit einem drohenden Ärztemangel vorzubeugen. Nächstes Jahr soll die Zahl der jährlich zugelassenen Medizinstudenten um 2000 steigen.
Nur 2,6 Ärzte auf 1000 Einwohner
Die Regierung befürchtet, dass es insbesondere in den ländlichen Teilen des Landes und in der Notfallmedizin bald zu wenig Ärztinnen und Ärzte geben könnte. Dieses Szenario ist nicht aus der Luft gegriffen: In Südkorea gibt es 2,6 Ärzte auf 1000 Einwohner. Zum Vergleich: Die Schweiz hat eine Ärztedichte von 4,6 Ärztinnen und Ärzten.
Die Jungärzte und -ärztinnen sehen die Lage allerdings nicht so dramatisch. Sie sind der Ansicht, dass es bereits genügend Mediziner und Medizinerinnen gebe. Der Mangel beschränke sich auf bestimmte Fachbereiche. Die Erhöhung der Studienplatzzahl führe zu unnötigen medizinischen Eingriffen und koste die nationale Krankenversicherung zu viel.
Sorge um Einkommensverlust
Die Ärzteverbände fürchten ausserdem, dass die Qualität der medizinischen Ausbildung leiden könnte, wenn es mehr Studienplätze gäbe. Zugleich sorgen sie sich, dass es mehr Wettbewerb geben könnte und damit das Einkommen sinke.
Südkoreas Gesundheitssystem ist speziell: Die meisten Spitäler sind in privater Hand. Und die Ärzte und Ärztinnen gehören zu den bestbezahlten der Welt. Ein Vertreter der Assistenzärzte sagte gegenüber «BBC» allerdings: Das derzeitige System erlaube es Ärzten nur in einigen wenigen Fachbereichen wie der Schönheitschirurgie, ein angemessenes Einkommen zu erzielen.
Schon einmal kapituliert
Der Plan, in Südkorea die Plätze für ein Medizinstudium zu erhöhen, ist nicht neu. Schon vor vier Jahren wollte die Regierung die Zahl der Studierenden innerhalb von zehn Jahren um 4000 zu erhöhen. Sie gab das Vorhaben auf, weil es einen monatelangen Streik gab.
Wegen der Proteste musste das Severance Hospital in Seoul, eines der grössten in Südkorea, bereits die Hälfte der geplanten chirurgischen Eingriffe abgesagt werden. Premierminister Han Duck Soo appellierte an die Ärzte und Ärztinnen, das Leben und die Gesundheit der Menschen nicht als Geiseln zu nehmen. Er ordnete Sofortmassnahmen an, etwa den Einsatz von Telemedizin, mehr Operationen in öffentlichen Spitälern und die Öffnung von Militärkliniken.