Südkoreas Ärzte protestieren - gegen mehr Studienplätze!

In Südkorea streiken die Ärzte. Sie fürchten die Konkurrenz, wenn es wie geplant 2000 Studienplätze mehr geben sollte.

, 21. Februar 2024 um 06:21
image
Streikende Assistenzärzte und -ärztinnen in Südkorea. | BBC
Die Hälfte der 13’000 Ärzte und Assistenzärzte an grossen Spitälern in Südkorea haben laut Medienberichten ihre Kündigung eingereicht, 1600 von ihnen sind nicht zur Arbeit erschienen. Der Grund sind Pläne der Regierung, mehr Studienplätze im Fach Medizin zu schaffen und damit einem drohenden Ärztemangel vorzubeugen. Nächstes Jahr soll die Zahl der jährlich zugelassenen Medizinstudenten um 2000 steigen.

Nur 2,6 Ärzte auf 1000 Einwohner

Die Regierung befürchtet, dass es insbesondere in den ländlichen Teilen des Landes und in der Notfallmedizin bald zu wenig Ärztinnen und Ärzte geben könnte. Dieses Szenario ist nicht aus der Luft gegriffen: In Südkorea gibt es 2,6 Ärzte auf 1000 Einwohner. Zum Vergleich: Die Schweiz hat eine Ärztedichte von 4,6 Ärztinnen und Ärzten.
Die Jungärzte und -ärztinnen sehen die Lage allerdings nicht so dramatisch. Sie sind der Ansicht, dass es bereits genügend Mediziner und Medizinerinnen gebe. Der Mangel beschränke sich auf bestimmte Fachbereiche. Die Erhöhung der Studienplatzzahl führe zu unnötigen medizinischen Eingriffen und koste die nationale Krankenversicherung zu viel.

Sorge um Einkommensverlust

Die Ärzteverbände fürchten ausserdem, dass die Qualität der medizinischen Ausbildung leiden könnte, wenn es mehr Studienplätze gäbe. Zugleich sorgen sie sich, dass es mehr Wettbewerb geben könnte und damit das Einkommen sinke.
Südkoreas Gesundheitssystem ist speziell: Die meisten Spitäler sind in privater Hand. Und die Ärzte und Ärztinnen gehören zu den bestbezahlten der Welt. Ein Vertreter der Assistenzärzte sagte gegenüber «BBC» allerdings: Das derzeitige System erlaube es Ärzten nur in einigen wenigen Fachbereichen wie der Schönheitschirurgie, ein angemessenes Einkommen zu erzielen.

Schon einmal kapituliert

Der Plan, in Südkorea die Plätze für ein Medizinstudium zu erhöhen, ist nicht neu. Schon vor vier Jahren wollte die Regierung die Zahl der Studierenden innerhalb von zehn Jahren um 4000 zu erhöhen. Sie gab das Vorhaben auf, weil es einen monatelangen Streik gab.
Wegen der Proteste musste das Severance Hospital in Seoul, eines der grössten in Südkorea, bereits die Hälfte der geplanten chirurgischen Eingriffe abgesagt werden. Premierminister Han Duck Soo appellierte an die Ärzte und Ärztinnen, das Leben und die Gesundheit der Menschen nicht als Geiseln zu nehmen. Er ordnete Sofortmassnahmen an, etwa den Einsatz von Telemedizin, mehr Operationen in öffentlichen Spitälern und die Öffnung von Militärkliniken.
  • ärzte
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Berner Zeitungen verletzten Privatsphäre einer Ärztin

Ein Artikel in den Berner Medien enthielt zu viele Details über eine verurteilte Ärztin. Der Pressrat gab deshalb den Universitären Psychiatrischen Diensten Bern (UPD) recht.

image

EPD: Verschnaufpause für Ärztinnen und Ärzte

Die Anschlusspflicht für Ärztinnen und Ärzte ans EPD soll erst mit der grossen Revision eingeführt werden.

image

USA: Milliardärin befreit Medizinstudenten von Studiengebühren

Am Albert Einstein College of Medicine in New York lernen die Medizinstudenten ab sofort gratis. Dank einer Milliardenspende.

image

Der IV fehlen die Ärzte – weil niemand dort arbeiten will

Schlechtes Image, andere Kultur: Deshalb hat die IV so grosse Mühe, genug Ärzte und Ärztinnen für die IV-Abklärungen zu finden.

image

Weltweit eines der ersten High-End-Dual-Source-CT-Systeme im Ensemble Hospitalier de la Côte in Morges

Welche Vorteile daraus für die regionale Bevölkerung entstehen, lesen Sie im nachfolgenden Interview mit Dr. Mikael de Rham, CEO vom Ensemble Hospitalier de la Côte (EHC).

image

Schönheitsoperationen: Lieber ins Nachbarland

Weltweit boomt die Schönheitschirurgie. Aber Zahlen zeigen: Schweizerinnen lassen sich lieber im Ausland operieren.

Vom gleichen Autor

image

Langjähriger Insel-Chefarzt: «Das ist keine normale Fluktuation»

Der ehemalige Insel-Onkologe Martin Fey zählt Beispiele auf von Spitzenleuten, welche dem Spital den Rücken gekehrt haben. Unfreiwillig.

image

Raymond Cron hat neues Spital-Mandat

Die Spitäler Schaffhausen haben künftig einen Profi für Spitalstrategie an ihrer Spitze. Er führt bereits das Basler Clara-Spital.

image

Wetzikon spürt «Geringschätzung», weil Kanton nicht zahlt

Das Zürcher Kispi erhält Millionen. Doch das Spital Wetzikon soll selber schauen. Das sorgt für Konsternation.