Studie: Schweizer Spitex benötigt dringend Handlungsbedarf

Die Spitex-Landschaft braucht mehr Ressourcen, eine bessere Vernetzung – und politische Entscheidungen. Dies geht aus einer neuen Studie der Universität Basel hervor.

, 27. April 2023 um 12:40
image
In einer nationalen Studie hat der Fachbereich Pflegewissenschaft der Uni Basel im Jahr untersucht, wie es um die Spitex steht. | Spitex Schweiz
Die Spitex-Mitarbeitenden in der Schweiz sind mehrheitlich zufrieden mit der Pflegequalität, die sie erbringen. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie von Pflegewissenschaftlern der Universität Basel. Doch es gibt auch grossen Handlungsbedarf: Zum Beispiel bei den Koordinations-Möglichkeiten: «Es fehlen die Strukturen, um eine gute Dienstleistung zu organisieren und zu vernetzen, wenn mehrere Gesundheitsdienstleister involviert sind», wird Studienleiterin Franziska Zúñiga in einer Mitteilung zitiert.
Gleichzeitig fehle es vielerorts an Informationen. Dies, weil es beispielsweise kein elektronisches Patientendossier (EPD) gebe, das für alle Leistungserbringenden obligatorisch sei. Die Spitex könne deshalb gar nicht richtig betreuen, wenn sie nicht wisse, welche Medikamente tags zuvor verschrieben oder weshalb jemand im Spital operiert wurde. Und es fehle den Spitex-Mitarbeitenden schlicht an Zeit und Ressourcen, um alle Veränderungen bei den involvierten Stellen zu erfragen.

Austausch unter Kolleginnen komme zu kurz

Grundsätzlich leisten die Spitex-Organisationen aber gute Arbeit, wie die «Spotnat: Spitex Koordination und Qualität» weiter zeigt. Es ist die erste umfassende nationale Erhebung in der Schweizer Spitex-Landschaft. Untersucht wurden Themen wie die Zusammenarbeit und Kommunikation im Team, die Koordination, die körperliche und psychische Gesundheit sowie die Arbeitsbelastung der Mitarbeitenden, aber auch das Erleben der Spitex aus Klienten- und Angehörigensicht.
Ein weiteres Thema war zudem der Austausch unter den Kolleginnen innerhalb und ausserhalb der Spitex: Dieser kommt gemäss Zúñiga zu kurz. Der interprofessionelle Austausch basiere oft auf freiwilliger Basis, ohne finanzielle Abdeckung. Dieser sei aber wichtig für eine gut abgestimmte und patientenzentrierte Klientenversorgung. Auch zur gegenseitigen Unterstützung in fachlichen Fragen oder im Umgang mit herausfordernden Situationen sei der Austausch wichtig.

«Es braucht politische Entscheidungen»

Gemäss Studie gibt es eine Verbindung zur Pflegeinitiative: Eine unterstützende Arbeitsumgebung sei zentral, um die Leute im Beruf zu halten. «Hier müssen wir ansetzen, damit auch in Zukunft genügend Spitexpersonal vorhanden ist», sagt Zúñiga. Denn im Jahr 2020 haben 12 Prozent der Angestellten der teilnehmenden Spitex-Organisationen ihre Stelle gekündigt.
image
«Es fehlen die Strukturen, um eine gute Dienstleistung zu organisieren und zu vernetzen, wenn mehrere Gesundheitsdienstleister involviert sind.»
Mit den Ergebnissen der Studie will der Fachbereich Pflegewissenschaft der Uni Basel eine Datengrundlage für dringend nötige politische Diskussionen liefern: auf eidgenössischer Ebene, um die Umstellung auf digitale Kommunikationslösungen voranzutreiben, und auch auf Kommunalebene, wo über den Bezahlschlüssel für die Spitex entschieden werde.
Für Pflegewissenschaftlerin Zúñiga ist schliesslich klar: «Die Spitex ist systemrelevant. Wir müssen dafür sorgen, dass die Organisationen auch in Zukunft ihre wichtige Arbeit leisten können.»
  • spitex
  • pflege
  • universität basel
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Krankenkassen müssen pflegende Angehörige weiterhin bezahlen

Obwohl Krankenkassen und Gemeinden mehr Kosten befürchten, findet der Bundesrat: Pflegende Angehörige sollen eine bezahlte Anstellung erhalten.

image

Pflegeinitiative: Kommission drückt aufs Tempo

Mit nur einer Stimme Mehrheit spricht sich die nationalrätliche Gesundheitskommission für eine attraktivere Passerelle von HF zu FH aus.

image

Clever statt teuer: Neue Wege für die Pflege

Die zweite Etappe der Pflegeinitiative lässt sich stemmen – auch ohne höhere Prämien oder mehr Steuergeld. Wenn man bereit ist, über den Tellerrand zu schauen. Denn der Staatshaushalt hätte Spielraum.

image

Wallis verleiht zum ersten Mal einen Pflegepreis

Die Pflegefachfrau Sonam Dreyer-Cornut ist die erste Preisträgerin, die vom Kanton ausgezeichnet worden ist. Sie arbeitet auch für «Ärzte ohne Grenzen».

image

Paraplegiker-Zentrum holt Pflege-Chefin vom USZ

Pascale Thüring wird Leiterin Pflege in Nottwil und damit auch Mitglied der Geschäftsleitung.

image

Swiss HCA: Eine neue Stimme aus der Pflege

Der Fachkräftemangel macht sichtbar, wie wichtig die Arbeit von Health Care Assistants ist. Ihr neuer Verband Swiss HCA setzt sich für bessere Löhne, Schutz vor Überlastung und politische Aufmerksamkeit ein.

Vom gleichen Autor

image

Kantonsspital Glarus verliert GL-Mitglied

Thomas Kühnis, Chef der Finanzen, Informatik und Betriebe, verlässt nach neun Jahren die Geschäftsleitung des Kantonsspitals Glarus.

image

Neue Ärzte-Tarife auf dem Weg zur Genehmigung

Die Tarifpartner beantragen wie geplant die Genehmigung eines Tarifsystems aus ambulanten Pauschalen und Tardoc.

image

Schatten über dem Verkauf des Spitals Flawil

Wurden beim Verkauf des Spitals Flawil die Vertragspartner getäuscht? Mehrere Kantonsparlamentarier verlangen Antworten von der St.Galler Regierung.