Sechs Monate Gefängnis für falschen Arzt

Ein britischer Geschäftsmann hat in Bussigny bei Lausanne Schwerkranke mit verbotenen Medikamenten behandelt. Nun wurde er verurteilt.

, 20. Oktober 2023 um 13:36
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Hier in Lausanne wurde der als Arzt wirkende Geschäftsmann verurteilt. In Abwesenheit, weil er angeblich krank ist. | Wikimedia
Der 70-jährige Geschäftsmann machte viel Geld mit hoffnungslos Kranken: 9000 Patienten in 80 Ländern «behandelte» er gegen Krebs, Allergien, Aids, Parkinson oder Alzheimer.

Fünf verdächtige Todesfälle

Auch in der Schweiz, genauer im Waadtländischen Bussigny, betrieb er ohne medizinische Kenntnisse 2014 und 2015 eine geheime Klinik und behandelte dort 63 Patienten ohne das Wissen der Behörden. Der Skandal wurde 2015 von «24 heures» aufgedeckt und ging um die Welt: Die Klinik First Immune wurde von der Justiz geschlossen, nachdem der Kantonsarzt und das Universitätsspital Lausanne (CHUV) wegen fünf verdächtigen Todesfällen Anzeige erstattet hatten.

Verbotener und verschmutzer Wirkstoff

Damals kam heraus, dass der falsche Arzt die Patienten mit dem in der Schweiz verbotenen Protein GcMAF behandelte. Er liess dieses in Cambridge in seinem Labor herstellen. Ein Gutachten von Swissmedic ergab später, dass die Hygienemassnahmen mangelhaft waren, weil das Endprodukt Spuren von menschlicher Haut, Schweiss und Blut aufwies. Der Wirkstoff wurde illegal in Thermosflaschen, die für einen solchen Zweck ungeeignet waren, in die Schweiz importiert.
Verabreicht hat er das Protein in Form von Zäpfchen, Vernebelungen oder Injektionen. Dafür verlangte der falsche Arzt 3000 bis 6000 Euro pro Woche. Die Krebspatienten mussten auf jegliche Chemotherapie verzichten.

Keine Schweizer behandelt

Die meisten Patienten kamen aus englischsprachigen Ländern und litten an Krebs im fortgeschrittenen Stadium. Er behandelte aber auch zwei Kinder mit Autismus. Schweizer hat er hingegen nicht behandelt.
Das Gericht in Lausanne verurteilte ihn am Donnerstag zu sechs Monaten Gefängnis und einer Geldstrafe von 100’000 Franken. Er erschien nicht vor dem Gericht in Lausanne. Seine Anwältin machte geltend, dass der Angeklagte «dauerhaft schwer gesundheitlich geschädigt» sei. Er sei davon überzeugt gewesen, dass er Leben retten konnte.
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