Wirtschaftskrise könnte Leben retten

Eine Auswertung der grossen Finanzkrise und Rezession in Spanien – sowie der Mortalität von 36 Millionen Menschen – zeichnet ein erstaunliches Bild.

, 21. Oktober 2016 um 07:08
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Im Zusammenhang mit der Finanzkrise und Rezession in Südeuropa las man viel von den gesundheitlichen Folgewirkungen: höhere Suizidrate, verschlechterte Spitalversorgung, ungenügende Versorgung mit Medikamenten und Ärzte, die aus Griechenland, Spanien, Portugal oder Italien nach Nordeuropa flüchteten: Dies bildete mehrfach Themen der Berichterstattung aus den genannten Ländern.
Nun kommt Mega-Datenauswertung aus Spanien – und zeichnet ein neues Bild. Dabei wertete ein spanisch-amerikanisches Forscherteam um den Präventionsmediziner Enrique Regidor (Universidad Complutense, Madrid) die Bevölkerungserhebungen in Spanien aus: Sie umfassten fast 36 Millionen Menschen und gingen der Mortalität in den Jahren seit 2001 nach.
Oder genauer: Die Mediziner erforschten die Mortalität in Relation zur sozialen Schicht – und gingen dann der Frage nach, wie sich die Lage vor der Krise ums Jahr 2007/2008 darstellte; und wie danach. Als Land, das von der Immobilien- und Finanzkrise besonders scharf getroffen wurde, eignet sich Spanien speziell zur Erforschung der Zusammenhänge von Ökonomie und Mortalität; dies zumal die dortigen Bevölkerungsstudien auch Daten wie den Autobesitz oder die Wohnfläche erfassen.
Genau diese beiden Kriterien nahm nun das Forscherteam zur Einteilung in drei Gruppen: hoher, mittlerer und tieferer sozioökonomischer Status. 

Ob es mit dem Risikoverhalten zu tun hat?

Bemerkenswert ist nun der Befund auf der Zeitachse: In den Folgejahren der schweren Wirtschaftskrise sank die Mortalität in allen sozialen Gruppen – wobei sie sich am stärksten in den ärmsten Bevölkerungsschichten reduzierte.
Wie das? In ihrer Diskussion der doch unerwarteten Ergebnisse lassen sich die Forscher aus Spanien und den USA nur ansatzweise auf eine Interpretation hinaus. Als wahrscheinlichste Erklärung nennen sie einen möglichen «decrease in exposure to risk factors» – also dass die Menschen, wenn die Zeiten schlecht sind, auf gewisse riskante Tätigkeiten und Handlungen verzichten.
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