Wird Schweiz Einstiegsmarkt für alkoholisches Mineralwasser?

Bald könnte es in der Schweiz alkoholisches Mineralwasser geben. Die Stiftung Sucht Schweiz hofft, dass die Behörden dieses Mal die jungen Konsumenten früher warnen als bei Snus und E-Zigaretten.

, 12. Februar 2020 um 05:00
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Hard Seltzers heissen sie: Die Mineralwasser mit natürlichem Kirschen- oder Limettenaroma – und mit 5 Prozent Alkohol. In den USA haben sie letzten Sommer den Getränkemarkt erobert. Die Werbebotschaft wirkt: Mineralwasser, natürlicher Fruchtsaft, kein oder kaum Zucker, kein Gluten – das zieht bei jungen Frauen und Männern.

Aldi USA verkauft die Dosen für einen Franken

Die Stiftung Sucht Schweiz befürchtet, dass das Alkoholwasser schon bald in den Regalen von Schweizer Läden steht. Aldi hat in den USA bereits ein Produkt lanciert, das dazu noch lächerlich billig ist. Es kostet umgerechnet nicht einmal einen Franken pro Dose.

Schweiz ist oft der Einstiegsmarkt für neue Suchtmittel

Die Schweiz ist ein begehrter Markt für die Einführung von Suchtmittel-Neuheiten, sagt Markus Meury, Soziologe und Mediensprecher von Sucht Schweiz. «Die Tabakerhitzer Iqos zum Beispiel wurden als erstes in der Schweiz, in Italien und in Japan eingeführt.» Oder die E-Zigarette Juul: Sie wurde in den USA, dann in Grossbritannien und als nächstes in der Schweiz lanciert. Auch für Snus ist die Schweiz ein einträglicher Markt. Denn in der EU ist der Kautabak verboten.

Vermeintlich Gesundes wird im Übermass getrunken

Sucht Schweiz würde sich wünschen, dass die Schweiz bei den Hard Seltzers früher als bisher reagiert. Das Getränk richtet sich klar an Junge. Deshalb warnt Meury: «Viele Jugendliche meinen, Alkohol in Form von Hard Seltzers sei weniger ungesund.» Ein Irrtum. Die Getränke enthalten gleich viel Alkohol wie Bier. Meury sagt auch: «Bei vermeintlich gesünderen Nahrungsmitteln haben Konsumenten eine Tendenz zum Überkonsum.

Sondersteuer oder Warnung auf der Dose?

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG), der Bundesrat und das Parlament hätten nach Ansicht von Sucht Schweiz verschiedene Möglichkeiten, auf die neuen Alkoholwasser zu reagieren:
  • Die Schweiz führt eine Sondersteuer auf Hard Seltzers ein, wie sie das vor 16 Jahren bei den Alcopops gemacht hat.
  • Es wird, wie in Schottland, ein Mindestpreis für alle alkoholischen Getränke eingeführt.
  • Das Abgabealter für alle alkoholischen Getränke wird auf 18 Jahre erhöht. Bier und Wein dürfen derzeit auch an 16-Jährige ausgeschenkt werden.
  • Eine Warnung für Schwangere wird auf allen Behältern obligatorisch. Denn Hard Seltzers bewerben mit ihrem tiefen Kaloriengehalt gezielt «linienbewusste» junge Frauen.
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