Universität Bern: Neuer Ansatz zur Bekämpfung von Angstzuständen und Schmerzen

Ein Team um den Biochemiker Jürg Gertsch eröffnet neue Perspektiven in der Medikamentenforschung.

, 6. Juni 2017 um 14:33
image
  • studie
  • forschung
  • medikamente
Endocannabinoide sind fettsäureähnliche Substanzen, die vom Körper produziert werden und entzündungshemmend oder schmerzstillend wirken. Da sie in den Zellen an den Stellen produziert werden, wo sie der Körper braucht, gibt es keine Gefahr von Überdosierung oder Nebenwirkungen wie etwa beim Cannabis, der einen ähnlichen Effekt zeigt.
Das Endocannabinoid-System ist darum ein vielversprechender Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Therapien etwa gegen Erkrankungen des Nervensystems. Einem Team um Jürg Gertsch vom Institut für Biochemie und Molekulare Medizin der Universität Bern ist nun ein Durchbruch gelungen. 
Die Wissenschaftler konnten erstmals im Gehirn von Mäusen den Transportweg von Endocannabioniden blockieren. Dies führte zu positivem Stressverhalten und Immunsystem der Mäuse: Es kam zu entzündungshemmenden, schmerzstillenden und angstlösenden Effekten. 
Die Erkenntnisse wurden im Fachjournal «Proceedings of The National Acacemy of Sciences» (PNAS) publiziert. 
Andrea Chicca et al.: «Chemical probes to potently and selectively inhibit endocannabinoid cellular reuptake» - in: «Proceedings of The National Academy of Sciences» (PNAS), 5. Juni 2017
Jahrelang war vermutet worden, dass es in Nervenzellen und Immunzellen ein Endocannabinoid-Transportsystem gibt, nun konnte dieses erstmals wissenschaftlich nachgewiesen werden. «Ich bin überzeugt, dass neben der Verabreichung von körperfremden Cannabinoiden künftig für therapeutische Zwecke auch das Endocannabinoid-System gezielt aktiviert werden kann», wird Jürg Gertsch in einer Mitteilung zitiert. 
Andrea Chicca, Erstautor der Studie aus Gertschs Team, ist zuversichtlich, dass in den kommenden Jahren der molekulare Mechanismus des Endocannabinoid-Transporters entschlüsselt werden kann. «Der Entwicklung neuer Medikamente steht dann nichts mehr im Weg». Grosses Potenzial sieht er in der Therapie von stressbedingten Erkrankungen, weil Endocannabinoide wichtige Stresshormone regulieren. 
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Lässt sich der Blutzuckerspiegel bald mit einer Smartwach messen?

Schweizer Forschende haben eine Methode entwickelt, bei der sich mittels maschinellen Lernens und Smartwatch-Daten Unterzuckerungen erkennen lassen.

image

Forschende aus Basel präsentieren neue Fakten über Covid-Medikament

Klinische Studien gaben bisher hinsichtlich des Covid-Medikaments Veklury kein schlüssiges Bild. Neue Analysen zeigen nun, welche Patientengruppe davon profitiert.

image

Die Spielsucht in der Schweiz hat sich verdoppelt – nun handeln die Kantone

Eine neue eGames-Studie zum Online-Geldspielverhalten in der Schweizer Bevölkerung zeigt besorgniserregende Zahlen. Jetzt schalten sich die Kantone ein.

image

Neue Studie zeigt: Wir leben länger und auch länger gesund

Schweizerinnen und Schweizer haben gesunde Lebensjahre dazugewonnen – Männer etwas mehr als Frauen. Das zeig eine Studie in «Swiss Medical Weekly».

image

Apotheken führen fälschungssichere E-Rezepte ein

Weil die elektronische Übermittlung von Rezepten immer beliebter wird, drängen Apotheken und Ärzte auf ein sicheres System.

image

mRNA-Impfstoff gegen Krebs wird bald an Patienten getestet

Die klinischen Studien, die Biontech noch dieses Jahr starten will, werden in Grossbritannien durchgeführt. Auf den Markt kommen soll das Vakzin vor 2030.

Vom gleichen Autor

image

Pflege: Zu wenig Zeit für Patienten, zu viele Überstunden

Eine Umfrage des Pflegeberufsverbands SBK legt Schwachpunkte im Pflegealltag offen, die auch Risiken für die Patientensicherheit bergen.

image

Spital Frutigen: Personeller Aderlass in der Gynäkologie

Gleich zwei leitende Gynäkologen verlassen nach kurzer Zeit das Spital.

image

Spitalfinanzierung erhält gute Noten

Der Bundesrat zieht eine positive Bilanz der neuen Spitalfinanzierung. «Ein paar Schwachstellen» hat er dennoch ausgemacht.