Tracing-App könnte zu viele Fälle finden

Rudolf Hauri, der Chef der Kantonsärzte, ist überzeugt, dass sich neue Corona-Infektionsherde auch ohne viel Informatik aufspüren lassen.

, 13. Mai 2020 um 13:52
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In den nächsten Wochen wird die Schweizer Proximity-Tracing-App getestet, hat der Bundesrat heute beschlossen. Sie soll bei der Eindämmung des Corona-Virus helfen, indem sie via Handy Kontaktpersonen informiert. Als Kontaktpersonen gelten Menschen, die während mehr als 15 Minuten näher als zwei Meter mit einer infizierten Person zusammen waren.

Tracing-App ersetzt analoges Tracing nicht

Die Kantone müssen derzeit für das Aufspüren der Kontaktpersonen viel Zeit und Personal investieren: Jede neu infizierte Person müssen die Kantonsarztämter anrufen und abklären, mit wem die Person wann und wie lange Kontakt hatte. Medinside berichtet hier darüber, wie das der Kanton Zug bewerkstelligt.
Etliche Kantone hegen nun die Hoffnung, dass ihnen die Tracing-App Arbeit ersparen könnte. Rudolf Hauri, Zuger Kantonsarzt und Präsident der Vereinigung der Schweizer Kantonsärzte, winkt jedoch ab:  «Die App ersetzt das analoge Contact-Tracing nicht», sagte er in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag».

Zu viele Kontaktangaben könnten sogar mehr Arbeit machen

Die App könnte das Tracing-System gar belasten, warnt er. Denn sie könnte zu viele Kontaktpersonen identifzieren. Etwa auch die Physiotherapie-Patientin, die mit Mundschutz behandelt worden ist, oder die Beraterin hinter einer Plexiglasscheibe. Erst im persönlichen Gespräch zeige sich, ob jemand tatsächlich in Quarantäne müsse, sagt Rudolf Hauri.
Rudolf Hauri ist auch in einem anderen Bereich überzeugt, dass die Rückverfolgung der Infektionsketten nicht mit mehr Digitalisierung gelöst werden könne. So haben sich die Kantone nicht auf ein gemeinsames Informatik-System zur Erfassung der Kontaktpersonen einigen können. Hauri findet das nicht so schlimm. «Daten können auch über bisherige Wege ausgetauscht werden», sagte er.

Zentrale Erfassung ist gar nicht nötig

Es sei auch gar keine zentrale Erfassung vorgesehen. Die Kantone müssten nur über ihre eigenen Nachverfolgungen die Übersicht haben. Kantonsübergreifende Infektionsketten würden von den betroffenen Kantonen gemeinsam unterbrochen.
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