Tarmed: Finanzkontrolle kritisiert Alain Berset

Der Bundesrat habe die Tarmed-Erneuerung zu spät aufgegleist. Und er habe die Grundsätze der Revision zu allgemein formuliert.

, 18. Juli 2016 um 08:47
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Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) kommt in einem Bericht zum Schluss: «Die meisten Empfehlungen im Zusammenhang mit der Tarmed-Revision wurden noch nicht umgesetzt». 
Dabei habe man – so die Aufsichtsbehörde – bereits 2010 eine Evaluation mit wichtigen Empfehlungen publiziert. Doch was machte der Bundesrat schief beim Aufgleisen der Tarmed-Revision? Konkret kritisiert die EFK:
  • Zu allgemein gehaltene bundesrechtliche Grundsätze

«Obwohl die Tarifpartner ihre Arbeiten bereits vor fünf Jahren aufgenommen haben, wurden die Grundsätze für die Revision des Tarmed vom Bundesrat erst im Mai 2015 verabschiedet.» Und sie seien sehr allgemein gehalten. Wichtige Anliegen wie Prinzipen für eine Vereinfachung der komplexen Tarifstruktur oder für die erleichterte Aktualisierung des Tarifs habe der Bundesrat nicht berücksichtigt.
Zudem habe man den Tarifpartnern für die Einreichung ihres Revisionsentwurfs keine Frist gesetzt. «Dies erschwert die Steuerungsmöglichkeiten des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI), um die Situation zu entspannen und den unterbreiteten Tarif zu beurteilen oder aber ein Scheitern der Verhandlungen festzustellen und die Konsequenzen daraus zu ziehen», steht im Bericht. 

  • Schwer oder gar nicht verständliche Rechnungen

«Obwohl sich die Akteure jüngst alle über die mangelnde Lesbarkeit der Rechnungen einig waren, stellt die EFK fest, dass keiner von ihnen aktiv wird, um eine Vereinfachung herbeizuführen.» Einer Umfrage von Verbraucherverbänden und Patientenschutzorganisationen zufolge verstehen die meisten Patienten ihre Rechnungen nicht vollständig oder gar nicht. Es könne sogar vorkommen, dass sie nicht einmal eine Kopie der Rechnung erhalten.

  • Keine Analysen zum Verbesserungsbedarf von Tarmed

Der Bundesrat habe Massnahmen zur Verbesserung der statistischen Datenbasis zu den ambulanten medizinischen Leistungen ergriffen. «Dieses Langzeitprogramm ist noch mit vielen Unsicherheiten hinsichtlich der Datenqualität, des Präzisierungsgrades und konkreter Modalitäten der Datenverarbeitung behaftet.» Man priorisiere die Überwachung der Laboruntersuchungen und im ambulanten Bereich die Überwachung der Aufwertung der Hausmedizin. «Um den Verbesserungsbedarf von Tarmed zu ermitteln, wurden hingegen keine weiteren Analysen vorgenommen.»

«Glaubwürdiges Druckmittel»

Laut EFK besteht dringender Handlungsbedarf. «Die angespannten Beziehungen zwischen mehreren Tarifpartnern geben weiterhin Anlass zur Sorge.» Die Schwierigkeiten, sich über die Revision des Tarmed zu einigen und die Risiken einer Blockade seien real.
Der Bundesrat kann bekanntlich die nötigen Anpassungen vornehmen, wenn sich die Tarifpartner nicht über die Revision einigen können. Die EFK begrüsse dieses subsidiäre Befugnis, da es gegenüber den Tarifpartnern «ein glaubwürdiges Druckmittel darstellt».
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