Tarmed: Ärzte fordern Rückzug oder «massive» Nachbesserung

Unter Führung von AGZ-Präsident Josef Widler demonstrierten Ärzte in Bern gegen den geplanten Tarmed-Eingriff des Bundes. Er führe nicht zu tieferen, sondern zu höheren Kosten.

, 23. Mai 2017 um 13:40
image
  • tarmed
  • praxis
Der Aufruf war breit abgestützt, aber er erfolgte wohl allzu kurzfristig. So fanden sich am Dienstagvormittag lediglich rund 30 Ärztinnen und Ärzte auf dem Bundesplatz ein, um gegen den Tarmed-Eingriff von Gesundheitsminister Alain Berset zu demonstrieren.
Angeführt wurde die Demonstration von Josef Widler, dem Präsidenten der Zürcher Ärztegesellschaft (AGZ), der einem Mitarbeiter von Gesundheitsminister Alain Berset eine zwei Meter grosse «Spritze der Weisheit» überreichte. 

Eingriff zurückziehen oder nachbessern

«Ich bin voller Hoffnung, dass die Weisheits-Spritze für Bundesrat Alain Berset auch Wirkung zeigt und der geplante Tarmed-Eingriff zurückgezogen oder massiv nachgebessert wird», betonte Widler.  
Der Forderung verleiht er in einem offenen Brief an Berset Nachdruck, welcher von 2'600 Anhängern unterzeichnet wurde. Im Brief werden einmal mehr verschiedene Konsequenzen formuliert, welcher der Tarmed-Eingriff aus Sicht der Ärzte nach sich ziehen würde, unter anderem: 
  • Die geplante Streichung der Notfall-Inkonvenienzpauschale gefährde die ambulante Notfallversorgung. 
  • Die zeitliche Beschränkung der Konsultationen auf 20 Minuten erhöhe die Kosten durch nicht vollständig beratene Patienten. 
  • Die Senkung der Abrechnung von Leistungen in Abwesenheit des Patienten schade der interdisziplinären Zusammenarbeit.
  • Honorare von Handchirurgen würden auf die Hälfte des heutigen Werts fallen.
  • Erhöhtes Krebsrisiko und mehr Unannehmlichkeiten für Patienten der Gastroenterologie

Gesamtrevision vorantreiben

Nach Ansicht der Ärzte werde mit der Sparübung des Bundes wenig differenziert am falschen Ende gespart. Unter dem Strich führe der Tarifeingriff zu höheren Kosten und nicht zu den versprochenen Einsparungen von 700 Millionen Franken, behaupten die Mediziner. 
Anstatt der Lösung des Bundesrats verlangen sie, die Gesamtrevision des Tarmed voranzutreiben.
Der geplante staatliche Eingriff in die ambulanten Tarife kommt nicht nur bei den Ärzten schlecht an, er wird auch von den Spitälern kritisiert (siehe hier).
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Tardoc: Dem Ziel «ein gutes Stück näher»

Dass der Bundesrat bei den ambulanten Tarifen aufs Tempo drückt, findet breite Zustimmung in der Branche.

image

Der Tardoc soll 2026 in Kraft sein

Zugleich genehmigte der Bundesrat die Einführung der ambulanten Pauschalen – im Grundsatz.

image

Taxpunkte: Teil-Einigung in der Ostschweiz

Die Ärztegesellschaften und die HSK beschliessen 3 Rappen höheren Taxpunktwert.

image
Kommentar von Anne-Geneviève Bütikofer und Verena Nold

Ja zum neuen Arzttarif – aber nur mit ambulanten Pauschalen

Ein neues ambulantes Tarifsystem muss Pauschalen mit dem Einzelleistungstarif Tardoc kombinieren. Nur so lässt sich die Effizienz im Gesundheitswesen steigern.

image

Was kostet der Leistungsausbau? Keine Ahnung

Was sind die finanziellen Folgen des Leistungsausbaus in der Grundversicherung? Der Bundesrat will das nicht wissen.

image

Gerhard Pfister will es wissen: Arbeiten Ärzte 24 Stunden pro Tag?

In seinem Einsatz für die «Kostenbremse» nimmt sich der Mitte-Präsident die Minutage vor. Zumindest rhetorisch.

Vom gleichen Autor

image

Pflege: Zu wenig Zeit für Patienten, zu viele Überstunden

Eine Umfrage des Pflegeberufsverbands SBK legt Schwachpunkte im Pflegealltag offen, die auch Risiken für die Patientensicherheit bergen.

image

Spital Frutigen: Personeller Aderlass in der Gynäkologie

Gleich zwei leitende Gynäkologen verlassen nach kurzer Zeit das Spital.

image

Spitalfinanzierung erhält gute Noten

Der Bundesrat zieht eine positive Bilanz der neuen Spitalfinanzierung. «Ein paar Schwachstellen» hat er dennoch ausgemacht.