Pflege: Mehr Diplome gleich mehr Sicherheit

Je höher der Anteil von Pflegefachleuten mit einem Hochschul-Diplom, desto tiefer die Sterberate der Patienten. Neue Daten belegen das. Allerdings: An einem bestimmten Punkt ist Schluss.

, 11. Juli 2016 um 06:15
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Man kann es auch als Bestätigung des Modells sehen, das in der Schweiz seit gut zehn Jahren gilt: Je höher der Anteil von Pflegefachleuten mit einem Hochschulabschluss – also einem Diplom auf Tertiärstufe –, desto geringer ist die Mortalität der von ihnen betreuten Patienten.
Diese Aussagen machen nun Forscher von Universitäten in Grossbritannien, Australien und Katar nach einer eigenen Studie wie nach einer Meta-Analyse der einschlägigen Literatur. 

Ioannis Gkantaras, Ziyad R Hahfoud, Brent Foreman et al.: «The effect of Nurse GraduaTeness on patient mortality: a cross sectional survey (the NuGaT study)», in: «Journal of Advanced Nursing»

Konkret untersuchte das Team um Roger Watson, einem Professor of Nursing der Universität Hull, den Einsatz von einerseits 5'000 Pflegefachleuten – und andererseits die Betreuung von über 7'000 Patienten durch sie. Ort der Studie: Katar. Denn der Golfstaat verfügt offenbar über sehr präzise und genaue elektronische Patientenakten.
Mit ihnen konnten die Forscher nachvollziehen, welche Patienten wie lange von welchem Pflegepersonal betreut wurden, und sie konnten auch statistische Häufungen festmachen. Rund die Hälfte der beobachteten Pflegerinnen und Pfleger hatten ein tertiäres Diplom, die andere Hälfte andere Ausbildungen.
Während des Test-Zeitraums starben gut 200 Patienten in den beobachteten Spitälern. Die Beziehung, welche sich nun festmachen liess, lautet: Je mehr Pflegepersonal mit Abschluss für die Betreuung eingesetzt wurde, desto grösser war die Wahrscheinlichkeit, dass der betreffende Patient das Spital lebend verlassen konnte.
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Zusammenhang zwischen Anteil des Pflegepersonals (horizontal) mit Tertiär-Diplom und Mortalität (vertikal) — Grafik: Roger Watson | «The Conversation»
Dies ergänzt sich mit einer grossen Studie, welche 2014 mit Daten von über 400'000 Patienten in neun europäischen Ländern erarbeitet wurde. Auch dort zeigte sich eine recht direkte Beziehung – je mehr Pflegepersonal mit mindestens einem Bachelor-Zeugnis es in einem Spital gab, desto tiefer die Mortalität dort. Konkret besagten die Daten, dass mit jedem 10-Prozent-Sprung der Tertiär-Zeugnisse beim Personal die Sterberate um 7 Prozentpunkte tiefer lag. 
Linda H Aiken, Douglas M Sloane, Luk Bruyneel et al.: « Nurse staffing and education and hospital mortality in nine European countries: a retrospective observational study», in: «The Lancet», Februar 2014.
Die neue Erhebung mit den Daten aus Katar bringt aber auch eine interessante Obergrenze ans Licht: Bei 70 Prozent ist Schluss. Jene Patienten, die von noch mehr Diplom-Pflegefachleuten betreut wurden, hatten – rein statistisch gesehen – keine höhere Überlebenschance.
Man könnte auch sagen: Bei 70 Prozent Diplomierten am gesamten Pflegepersonal eines Spitals könnte das Optimum erreicht sein; dies jedenfalls die These, welche die neue Studie nun in den Raum stellt.

  • Siehe auch: Warum ein Pflegeverhältnis von mehr als 6 Patienten riskant ist

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