Am 13. Juni wird in der Schweiz unter anderem über die Trinkwasser- sowie über die Pestizidverbot-Initiative abgestimmt. Dass der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft schwerwiegende Gesundheitsschäden zur Folge haben kann, darüber herrscht in der Bevölkerung schon länger Unmut. Dies auch deshalb, weil immer mehr Studien zum Schluss kommen, dass Pestizide aus der Landwirtschaft, mit denen wir über Luft, Wasser und Lebensmitteln in Kontakt kommen, unserer Gesundheit schaden.
Die Problematik: Die Schäden und Krankheiten, die dabei auftreten können, sind in der Praxis nicht immer einfach zu erkennen, schreibt die
Schweizer Ärztezeitung. Nachfolgend ein paar Fakten zu den meist neurotoxischen Pestiziden und deren möglichen negativen Auswirkungen auf den Körper:
Ständig neue Gift-Cocktails
Die sogenannten systemischen Pestizide werden über eine Saatgutbeschichtung in den Boden gebracht und verteilen sich in der ganzen Pflanze inklusive ihrer Früchte. Damit werden prophylaktisch alle Insekten erreicht. Sie lassen sich nicht von den Früchten abwaschen und reichern sich im Boden an. Die Krux: Insektizide, Herbizide oder Fungizide – längerfristig werden Schädliche und Unkräuter gegen diese Pestizide resistent. Dies führt dazu, dass es immer wieder zu neuen Gift-Cocktails kommt, die nicht staatlich überprüft werden.
Für die Überprüfung neuer Moleküle zuständig ist die Agrochemie – das Bundesamt für Landwirtschaft ist zugleich Anlaufstelle der Antragsteller und entscheidende Behörde. «Studienprotokolle und Entscheid der Behörde sind vertraulich», heisst es im Artikel. Ein Langzeitmonitoring wie bei Medikamenten sei für Pestizide nicht vorgesehen. Würden sich über die Jahre Studien von unabhängiger Seite häufen, die auf gravierende Schäden durch die Moleküle hinweisen, werde die Zulassung überprüft und gegebenenfalls entzogen.
Biologisch versus synthetisch
Die natürlichen Pestizide sind innert kürzester Zeit biologisch abbaubar und kumulieren nicht (ausser Kupfer). Anders verläuft es mit den synthetischen Pestiziden: Sie basieren auf chemischen Molekülen und sind nicht oder nur sehr langsam biologisch abbaubar, weshalb sie häufig auf der Liste der persistenten organischen Schadstoffe der Stockholmer Konvention landen. Dabei bilden die Organochlor- und Organophosphatpestizide eine grosse Gruppe und heissen seit den 90er Jahren die Neonikotinoide.
Dauergifte können beim Embryo permanente physiologische Veränderungen verursachen. (Pixabay)
Mögliche Krankheiten durch Pestizide
Pestizide können neurotoxisch sein und Morbus Parkinson auslösen. Damit nicht genug: Sie stören die Zellteilung, begünstigen das Entstehen von Krebs, verändern das Erbgut, beeinträchtigen das Immunsystem und lösen Allergien aus. Ein weiteres Problem stellen hormonell wirksame und schwer abbaubare Chemikalien dar. Die EU listet über 50 Wirkstoffe auf, die das menschliche Hormonsystem beeinflussen. Unbestritten ist, dass nicht nur die Qualität menschlicher Spermien, sondern auch ihre Menge drastisch abgenommen hat.
Die Schweizer Ärztezeitung erklärt: «Es sind nicht nur Pestizide hormonaktiv, sondern auch chemische Stoffe wie Bisphenol A, Phthalate und polychlorierte Biphenyle (PCB). Diese Endokrinen Disruptoren verursachen beim Embryo permanente physiologische Veränderungen, die nicht ansteckende Erkrankungen verursachen. Epidemiologische Studien bringen sie in Verbindung mit Adipositas, Diabetes Typ 2 und kardiovaskulären Erkrankungen.»
Verseuchung nimmt zu
Solche Studien sind beängstigend. Vor allem im Hinblick darauf, dass die Verseuchung weltweit zunimmt und wir über die Luft, durch das Trinken von Wasser oder mit dem Verzehr von Lebensmitteln Gifte im Körper aufnehmen. Zurecht wird in der Ärztezeitung betont, dass diese Stoffe nichts in unserer Ernährung zu suchen haben. Sie gefährden nicht nur unsere Gesundheit; sie schädigen die Biodiversität und gefährden unsere Ökosysteme.
Initiative für sauberes Trinkwasser
3,5 Milliarden Steuergelder werden pro Jahr in die Lebensmittelproduktion investiert. Dabei wird den Konsumenten eine ökologische Produktion versprochen. «Doch ungefragt, fördern wir eine Produktion, die auf Pestizide und Antibiotika setzt und auf hohe Nutztierbestände, die nur mit Importfutter ernährt werden können», heisst es im
Video der Initianten. Die Folgen: «Pestizide in Gewässern, im Trinkwasser und im Essen, vergiftete Bienen und andere Insekten, Güllen-Überschüsse durch Importfutter und klimaschädigende Ammoniak-Emissionen, überdüngte Böden und Seen und lebensbedrohliche Antibiotikaresistenzen in Lebensmitteln.» Die Initiative fordert eine Umlenkung der Subventionen in eine pestizidfreie Produktion, in eine Tierhaltung ohne prophylaktischen Antibiotika-Einsatz, in Betriebe, die nur so viele Tiere halten, wie sie mit Schweizer Futter ernähren können. Dabei sollen die Bauern mit Subventionen unterstütz werden.
«Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide»
Die
Initiative fordert den Verzicht auf synthetische Pestizide in der Nahrungsmittelproduktion, bei öffentlichen Plätzen und Privatpersonen mit einer Übergangsfrist von zehn Jahren. Sie soll die inländische Landwirtschaft durch gleiche Regeln für Importe schützen.
Zur Volksabstimmung vom 13. Juni geht es hier.