Oberfeldarzt: Angeschwärzt von einem Whistleblower

Im Verfahren gegen Militärarzt Andreas Stettbacher scheint sich alles um Spesenfragen zu drehen: Sind 15'000 Franken für ein Weihnachtsessen zu viel?

, 10. Februar 2017 um 08:27
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Die Sache war ja wirklich rätselhaft: Da teilte das VBS kurz vor Weihnachten mit, dass man bei der Bundesanwaltschaft Anzeige gegen den Oberfeldarzt der Armee eingereicht habe. Es gehe um den Verdacht «auf strafbare Handlungen gegen das Vermögen sowie strafbare Handlungen gegen die Amts- und Berufspflichten». Andreas Stettbacher, der oberste Militärarzt der Schweiz, sei vorläufig freigestellt.
Mehr kam nicht. Gerüchteweise hiess es bald darauf, dass es vielleicht um einen lockeren Umgang mit Spesen gehe. Und spürbar wurde nach und nach, dass sich die Bundesanwaltschaft eher scheut, in der Sache besonders aktiv zu werden.
Ganz eigenartig wurde der Fall dann am 23. Januar, als das VBS nach langem Schweigen doch eine neue Mitteilung dazu publizierte: Nun habe Bundesrat Guy Parmelin eine Administrativuntersuchung angeordnet. Der externe Anwalt Cornel Borbély soll die Vorwürfe gegen Divisionär Andreas Stettbacher überprüfen. «Ebenso sollen die Umstände seiner vorläufigen Freistellung abgeklärt werden», so das Communiqué weiter.

500 Franken pro Kopf

Eine Abklärung des Verdachts also. Die Vermutung, dass die Sache eher wacklig ist, nährt nun auch eine Recherche des «Tages-Anzeigers». Unter dem Titel «Armeearzt lud zum Weihnachtsessen – für viel Geld» schildert die Zeitung, dass ein Whistleblower den Divisionär bei der Finanzkontrolle angezeigt habe: Der Arzt pflege einen zweifelhaften Umgang mit Steuergeldern. 
Die nachfolgende Kontrolle der Spesen listete die Positionen und Ausgaben des Militärarztes auf, wobei als auffälligster Punkt offenbar ein Weihnachtsfest erschien, das Stettbacher für seine Mitarbeiter ausgerichtet hatte. Die Kosten dafür erreichten rund 15'000 Franken. Anwesend waren etwa 30 Personen – macht also etwa 500 Franken pro Kopf.

Parmelin soll zweifeln

Konkrete Angaben zur Quellenlage macht der «Tages-Anzeiger» nicht. Er spricht aber von «Hinweisen», wonach die Vorwürfe gegen Stettbacher auf wackligen Füssen stünden. So hätten bisher ­weder Bundesanwaltschaft noch Militärjustiz ein Verfahren gegen Stettbacher ­eröffnet. Und aus dem Umfeld von Guy Parmelin sei zu hören, dass der ­Verteidigungsminister an seiner Entscheidung vom Dezember zweifle.
Der Tagi jedenfalls neigt nun durchaus auf die Seite des Oberfeldarztes: «Der zuvor unbescholtene 54-jährige Chirurg und Familienvater Andreas Stettbacher steht derweil seit zwei Monaten am Pranger. Zwar gibt es noch keine Anklage, doch die öffentliche Vorverurteilung hat – Unschuldsvermutung hin oder her – längst stattgefunden. Und mit jedem Tag, an dem der diffuse Verdacht über Stettbacher hängt, wiegt diese Strafe schwerer.»
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