Medizinische Praxisassistentinnen schuften für weniger als 4'335 Franken

Auch Medizinische Praxisassistentinnen (MPA) arbeiten zum Minimallohn, stellt Nicole Thönen fest. Sie ist Zentralpräsidentin Schweizerischer Verband Medizinischer Praxis-Fachpersonen (SVA).

, 23. Juli 2019 um 06:07
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Es ist erschütternd, zu erfahren, wie viele Arbeitnehmende zu einem Tieflohn angestellt sind. Leider geht die Realität noch weiter: Nicht nur der Detailhandel und die Gastronomie sind von diesem Lohndumping betroffen, sondern unter anderen auch der Gesundheitsberuf MPA, die Medizinische Praxisassistentin. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit beträgt 42 Stunden und wird im Kanton Bern mit einer Minimallohn-Empfehlung nach Ausbildungsabschluss von 4'050 Franken beworben. 
Die vielseitigen Handlungskompetenz-Bereiche einer Medizinischen Praxisassistentin umfassen das Organisieren und Administrieren der Praxis, das Assistieren in der medizinischen Sprechstunde und Durchführen von diagnostischen Massnahmen und Beurteilen der Laborparameter, die Durchführung von bildgebender Diagnostik und Beurteilen der Bildqualität sowie das Ausführen von therapeutischen Massnahmen. Nicht zuletzt erwartet der Erkrankte, dass die Medizinische Praxisassistentin bei Notfällen sofort richtig triagiert und reagiert, in hektischen Situationen stets den Überblick behält und gut gelaunt die Praxisabläufe weiterkoordiniert.
Ich stelle mir die Frage, ob das grosse Aufgaben- und Verantwortungsspektrum der MPA in korrektem Bezug zum empfohlenen Minimallohn von 4'050 Franken steht! Ist es möglicherweise mehr die Liebe zum Beruf und die Dienstleistung am Kunden, die im Vordergrund steht, und rückt damit eine anforderungsgerechte Entlöhnung eher in den Hintergrund? Als Herzblut-MPA wünsche ich mir, dass in der Gesellschaft die Tatsache der tiefen Lohnniveaus auch über die genannten Problembranchen Detailhandel und Gastronomie hinaus wahrgenommen wird. Gut geschulten und weitergebildeten MPA steht das Recht auf eine zeitgemässe Entlöhnung zu!
Nicole Thönen ist seit 2017 Zentralpräsidentin des Schweizerischen Verbandes für medizinische Praxisfachpersonen (SVA). Sie ist seit 2007 als leitende Medizinische Praxisassistentin in einer hausarztmedizinischen Gruppenpraxis tätig. 
Dieser Meinungsbeitrag ist erstmals am 19. Juli 2019 als Leserbrief in der Zeitung «Bund» erschienen, als Reaktion auf den Artikel «40 Stunden pro Woche schuften für weniger als 4'335 Franken». 
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