Masern: Impfpflicht für das Pflegepersonal?

Ungeimpfte Personen sollen nur noch in «patientenfernen Bereichen» eingesetzt werden, fordert der Präsident der Eidgenössischen Impfkommission, Christoph Berger.

, 10. Januar 2016 um 19:00
image
  • impfung
  • pflege
Dass sich sich das Personal im Gesundheitswesen selber nur zögerlich impfen lässt, ist bekannt. Erst im September stellte das Bundesamt für Gesundheit wieder fest, dass sich die Gesundheitsprofis eher seltener gegen Grippe impfen lassen als andere Zielgruppen (BAG-Bulletin 37/15). Und auch bei den Masern scheint die Bereitschaft zum Impfschutz noch ungenügend.
So fordert nun Christoph Berger in der «Sonntagszeitung» strengere Regeln: Der Präsident der Eidgenössischen Impfkommission will, dass das Gesundheitspersonal seinen Impfausweis bei Anstellungen vorlegen muss – und danach periodisch wieder. 

Hotspots Neonatologie und Onkologie

Wer in Spitälern, Altersheimen oder Kindertagesstätten arbeitet, solle gegen Masern geimpft sein – und falls sich jemand weigert, soll ihm die Anstellung in Hochrisikobereichen verweigert werden.
Als Beispiel nennt Christoph Berger die Frühgeburten-Stationen oder Krebsabteilungen. Ungeimpfte Mitarbeiter müsse man in «patientenferne Bereiche verschieben», so der ausgebildete Kinderarzt in der SoZ.
Im Hintergrund steht, dass es auf dem Weg zur masernfreien Schweiz nicht recht vorangeht; dies zeigte letzte Woche wieder eine Zwischenbilanz des BAG. Mit einer «Mischung aus Managementproblemen und Mutlosigkeit» erklärt Jan von Overbeck, der Präsident der Vereinigung der Kantonsärzte, in der «Sonntagszeitung» die offenbar ungenügenden Fortschritte: «Man hat uns die nötigen Instrumente nie zur Verfügung gestellt».

Impfstationen in den Bahnhöfen

Konkret: Es fehlen niederschwellige Angebote, so von Overbeck – woran wiederum gewisse Vorschriften schuld seien: Es sei nicht einzusehen, warum nur Hausärzte gegen Masern impfen dürften. Auch Apotheken sollten die Bewilligung für die Masernimpfung erhalten. 
Während zum Beispiel Grippe-, FSME- und gewisse Hepatitis-Folgeimpfungen mittlerweile in den Apotheken von Freiburg, Neuenburg, Solothurn und Zürich möglich sind, braucht es für die Masernimpfung immer noch den Arzt.
Im weiteren wünscht der «oberste Kantonsarzt» die Einrichtung zentraler Impfstationen an stark frequentierten Orten, etwa an den Hauptbahnhöfen grosser Städte.

Flächendeckende Impfpflicht wird klar abgelehnt

Im Dezember 2015 erst zeigte das «Virusbarometer» – eine repräsentative Umfrage –, dass eine Mehrheit der Bevölkerung (59 Prozent) sich bewusst ist, dass sich das Gesundheitspersonal selber nicht systematisch impft. Eine flächendeckende Impfpflicht bei Masern wird laut der Umfrage aber klar abgelehnt; andererseits es findet sich offenbar eine Mehrheit von 69 Prozent, die für obligatorische Masern-Impfungen bei Kindern ist.
In der Umfrage deutete sich denn auch an, dass Impfen eben nicht primär als Selbstschutz verstanden wird, sondern stark als Akt der Solidarität; die entsprechende Aussage bejahten 70 Prozent der befragten Personen.

Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Stephan Bachmann wird Präsident von Curaviva Basel-Stadt

Der ehemalige Direktor von Rehab Basel löst im kommenden Jahr Veronica Schaller ab.

image

Ein Jahr «Bülacher Modell»: Positive Auswirkungen auf Personal und Kosten

69 Prozent weniger Fluktuation, 1,2 Millionen Franken gespart, 90  Prozent zufriedenere Mitarbeitende: Das Spital Bülach zog eine Bilanz.

image

Pflegeoffensive in Zürich: Weniger Fluktuation, mehr Nachwuchs

Drei Jahre nach dem Start des Programms «Stärkung Pflege» zieht die Stadt Zürich Bilanz: Die Pflegeberufe seien spürbar attraktiver geworden.

image

«Keine taugliche Lösung»: Spitäler fürchten Milliardenkosten wegen Pflege-Initiative

Spitäler und Heime fordern, dass der Bundesrat die Finanzierung der Mehrkosten für die besseren Arbeitsbedingungen in der Pflege klar regelt.

image

Zweite Etappe für Umsetzung der Pflege-Initiative: Pflegepersonal findet sie ungenügend

Der Bundesrat will mit einem neuen Gesetz die Bedingungen für Pflegearbeit verbessern. Der Berufsverband ist enttäuscht.

image

«Pflege? Das ist doch ein Frauenberuf.»

Die Verwunderung ist oft gross, wenn Christos Bempos erzählt, dass er FaGe ist. An den gängigen Vorurteilen müsse sich dringend etwas ändern.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.