Jetzt spricht «Doktor Smith» – und dann «Julia»

Ärzte sprechen Mediziner an Konferenzen mit «Doktor» an – weibliche Kolleginnen hingegen vorwiegend mit dem Vornamen. Dies zeigt eine aktuelle Studie der renommierten Mayo Klinik in den USA.

, 27. Juni 2017 um 13:45
image
  • gender
  • ärzte
  • praxis
  • forschung
Sprechen Ärzte an grösseren Veranstaltungen oder Kongressen, so werden diese von Männern in der grossen Mehrzahl mit «Doktor Joe Smith» angekündigt. Kommt aber eine Ärztin aufs Podest, so nennen die männlichen Kollegen diese hauptsächlich mit dem Vornamen: zum Beispiel «Julia».
Zu diesem Schluss kommt jetzt eine Studie aus den USA, durchgeführt von Ärztinnen der bekannten Mayo Klinik. Insgesamt analysierten die Medizinerinnen über 300 Videos aus rund 125 Konferenzen auf dem Campus.

Männer – Frauen: Nur jeder Zweite

Das Ergebnis der im «Journal of Women's Health» publizierten Studie: Frauen nennen den Berufstitel der Männer und Frauen in 96 Prozent; Männer hingegen kommen auf knapp 66 Prozent. Weiter zeigte sich folgendes Bild: 
  • Frauen – Frauen 97.8 Prozent
  • Männer – Männer: 72.4 Prozent
  • Frauen – Männer: 95.0 Prozent
  • Männer – Frauen: 49.2 Prozent
Julia A. Files et al.: «Speaker Introductions at Internal Medicine Grand Rounds: Forms of Address Reveal Gender Bias», in: «Journal of Women's Health»

«Das ist beleidigend»

«Es ist die Ungleichheit und der Kontext», erklärt Studienautorin Sharonne Hayes der Zeitung «Washington Post». Sie habe nichts dagegen, Sharonne genannt zu werden. «Aber wenn alle Männer «Doktor Jones» genannt werden und alle Frauen nur durch ihre Vornamen, dann ist das beleidigend.»
Denn diese Ungleichheit kann ihr zufolge die Leistung einer Frau beeinflussen. «Ich gehe davon aus, dass es unbeabsichtigt ist.» Aber es löse halt einen «Weniger-als-Effekt» aus.

Klinik führt Richtlinien ein

Die Mayo Klinik hat reagiert: Sie legt jetzt Redner-Richtlinien für Namenseinführungen in Grossrunden fest. Der Berufstitel «Doktor» müsse künftig bei der ersten Referenz an Veranstaltungen und Konferenzen verwendet werden, heisst es – egal, ob Mann oder Frau.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Neuer Präsident der Gesellschaft für Dysphagie

Bartosz Bujan von der Klinik Lengg wird Nachfolger von Jörg E. Bohlender

image

Psychotherapie: Santésuisse spricht von Kostenexplosion

Die Krankenkassen fordern einen tieferen Tarif für psychologische Psychotherapeuten. 

image

Darum ist der Kanton Uri für junge Ärzte interessant

Lange war Uri bei der Ärztedichte das Schlusslicht. Heute zieht es immer mehr junge Ärzte in den Innerschweizer Kanton - dank verschiedenen Förderinitiativen.

image

In Deutschland droht der nächste Ärzte-Streik

60'000 Spitalärzte prüfen den Ausstand. Womit die Streikwelle in Europas Gesundheitswesen bald den nächsten Höhepunkt erreichen könnte.

image

Einstimmig: Zürich soll Medizin-Studienplätze massiv ausbauen

Der Kantonsrat beauftragt die Regierung, zu berechnen, wie 500 zusätzliche Plätze geschaffen werden könnten.

image

Brustkrebsscreening bald auch in Baselland

Während immer mehr Kantone Brustkrebsscreenings einführen, wird der Nutzen in Zürich hinterfragt.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.