Helsana-Arzneimittelreport: Das teuerste Präparat kostet 66'000 Franken pro Patient

Die Medikamentenkosten in der Schweiz sind 2015 um fast 6 Prozent auf einen neuen Rekordwert gestiegen. Das Hepatitismedikament Harvoni sprang direkt auf Platz eins der teuersten Mittel.

, 23. November 2016 um 14:10
image
  • medikamente
  • helsana
  • studie
  • versicherer
  • harvoni
  • sovaldi
  • hepatitis
Zum dritten Mal nach 2014 und 2015 legt der Krankenversicherer Helsana seinen Arzneimittelreport vor. Der Bericht analysiert Kosten und Nutzen der Schweizer Medikamentenversorgung anhand anonymisierter Daten von rund 1,2 Millionen Helsana-Versicherten.
2015 erreichten die Medikamentenkosten mit 6,6 Milliarden Franken einen neuen Höchststand. Die Zunahme um 5,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr liegt deutlich über den Werten der letzten Jahre und wird primär auf die Einführung neuer, innovativer und teurer Präparate wie Harvoni zur Behandlung von Hepatitis C zurückgeführt. 
Sowohl die Medikamentenbezüge pro Patient als auch die Kosten pro Patient nehmen stetig zu. «Eine Trendwende ist nicht in Sicht», so der Bericht. 

20 Prozent der Patienten verursachen 80 Prozent der Kosten

9,1 Prozent der gesamten Gesundheitskosten entfallen auf Medikamente - «ein sehr tiefer Kostenanteil mit einer zweifellos hervorragenden Kosten-Nutzen-Bewertung», wie die Autoren anerkennen. 
Dennoch stellten besonders die neuen, teils sehr teuren Therapien in den Bereichen Hepatitis, Krebs und Immunologika eine «ernst zu nehmende Herausforderung für unser solidarisch finanziertes Gesundheitswesen dar». Dies vor dem Hintergrund, dass 20 Prozent der Patienten 80 Prozent der gesamten Medikamentenkosten verursachen. 

  • Zum Helsana-Arzneimittelreport 2016

Ausgewählte Fakten aus dem Report 


  • Frauen bezogen 17 Prozent mehr Medikamente als Männer. Ihre Präparate kosteten 1'042 Franken, die der Männer 1'120 Franken. 
  • Die höchsten Medikamentenkosten haben die Kantone Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Genf, Neuenburg, Waadt, Tessin. Die tiefsten Kosten gibt es in den Regionen Zentral- und Ostschweiz. 
  • Arzneien der Bereiche Krebs/Immunsystem, Nervensystem, Antiinfektiva, Herz-Kreislauf und Stoffwechsel verursachen die höchsten Kosten. 
  • Seit 2012 sind die Medikamentenkosten für die Bereiche Krebs/Immunsystem, Antiinfektiva sowie Blut am stärksten gestiegen. Rückläufig sind dagegen die Kosten für Herz-Kreislauf-Mittel.   
  • Am meisten Kosten verursacht das Ende 2014 eingeführte Harvoni gegen Hepatitis C. Zusammen mit Sovaldi verursacht es hierzulande die mit Abstand höchsten Medikamentenkosten. 

Rangliste der Präparate mit den höchsten Kosten


  1. Harvoni (Antiviralia): 119 Millionen Franken / 1'819 Personen
  2. Remicade (Immunsuppressiva): 116 Millionen Franken / 6'283 Personen
  3. Humira (Immunsuppressiva): 111 Millionen Franken / 8'453 Personen
  4. Gilenya (Immunsuppressiva): 89 Millionen Franken / 4'109 Personen
  5. Xarelto (Blutgerinnung): 79 Millionen Franken / 152'973 Personen
  6. Sovaldi (Antiviralia): 77 Millionen Franken / 1'212 Personen
  7. Eylea (Augen): 72 Millionen Franken / 12'959 Personen
  8. Lucentis (Augen): 71 Millionen Franken / 15'114 Personen
  9. Enbrel (Immunsuppressiva): 76 Millionen Franken / 5'512 Personen
  10. Crestor (Lipidsenker): 65 Millionen Franken / 158'774 Personen
  11. Herceptin (Krebs): 53 Millionen Franken / 2'471 Personen
  12. Simponi (Immunsuppressiva): 52 Millionen Franken / 4'290 Personen
  13. Truvada (Antiviralia): 50 Millionen Franken / 6'639 Personen
  14. Ferinject (Blutarmut): 50 Millionen Franken / 175'844 Personen
  15. Dafalgan (Schmerzmittel): 49 Millionen Franken / 1'778'514 Personen

Die Kosten schwanken

Die Kostenentwicklung der Medikamente schwankt stark. 2012 wurden die höchsten Kosten von Remicade und Humira generiert. Nach einem Rückgang im Jahr 2013 sind die Kosten wieder gestiegen. Die Zunahmen lassen sich durch neu hinzukommende Indikationsgebiete erklären. Die markant tieferen Kosten von Sortis gehen auf die Einführung von Generika zurück. 
image
Quelle: Helsana
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image
Gastbeitrag von Claus Hysek

Wie man für 15 Rappen pro Monat den Apotheken-Markt zerstört

Santésuisse hat vorgerechnet, wo man bei Medikamenten sparen kann. Wir haben nachgerechnet.

image

Gesucht: Ideen, damit weniger Pillen im Müll landen

Der Nationalrat setzt ein weiteres Zeichen, dass er die Medikamentenverschwendung bekämpfen will. Es ist nicht das erste.

image

Medikamente: Der Graben wird nicht kleiner

Im Schnitt kosten die Arzneimittel in der Schweiz ein Zehntel mehr als in anderen europäischen Ländern

image

Krankenkassen bleiben nicht auf «rekordhohen Schulden» sitzen

Trotz Schlagzeilen über hohe Schulden bei den Krankenkassen: Die Versicherer merken wenig oder gar nichts.

image

Nestlé entwickelt Pizzen und Bowls für Semaglutid-Patienten

Eine eigene Marke soll den Nutzern von «Abnehmspritzen» wie Ozempic und Wegovy die entscheidenden Nährstoffe bieten.

image
Gastbeitrag von Beat Walti

Für eine echt freie Spitalwahl – auch für die Zusatzversicherten

Regelmässig bleibt es Zusatzversicherten versagt, sich in allen Spitälern behandeln lassen – trotz einer Police, die dies suggeriert. Doch es gäbe Möglichkeiten, damit man auch in fortgeschrittenem Alter den Versicherer wechseln kann.

Vom gleichen Autor

image

Pflege: Zu wenig Zeit für Patienten, zu viele Überstunden

Eine Umfrage des Pflegeberufsverbands SBK legt Schwachpunkte im Pflegealltag offen, die auch Risiken für die Patientensicherheit bergen.

image

Spital Frutigen: Personeller Aderlass in der Gynäkologie

Gleich zwei leitende Gynäkologen verlassen nach kurzer Zeit das Spital.

image

Spitalfinanzierung erhält gute Noten

Der Bundesrat zieht eine positive Bilanz der neuen Spitalfinanzierung. «Ein paar Schwachstellen» hat er dennoch ausgemacht.