Die Ärzte wären grundsätzlich kompromissbereit, wenn mittelfristig eine Besserstellung möglich wäre. Dies sagte Schlup
der «Berner Zeitung». «Aber sie glauben nicht mehr daran, dass das gelingen wird.»
Warum? Zu oft seien sie enttäuscht worden: tiefere Taxpunkte, weniger Tarifpositionen... «Das Problem ist wohl, dass viele Ärzte den Krankenkassen nicht mehr vertrauen», so der Präsident der Ärzteverbindung FMH weiter.
Akzeptiert — aber eigentlich doch nicht
Schlup bedauert zwar den Entscheid der Urabstimmung, hat aber Verständnis für die ärztliche Gegenwehr. Er verstehe, dass eine Mehrheit nicht bereit war, ihrer eigenen Schlechterstellung zuzustimmen. Und die Mehrkosten, die der neue Tarif bewirkt hätte, wären sachlich und betriebswirtschaftlich gerechtfertigt gewesen.
Die vom Bundesrat geforderte «Kostenneutralität» habe die FMH-Spitze zähneknirschend akzeptiert – doch grundsätzlich lehne man diese ab. «Diese Kostenneutralität ist in der Schweiz zu einer fixen Idee geworden», so Schlup. «Ich habe nie verstanden, warum ausgerechnet unser Staat ein derart fragwürdiges Konzept anwendet.»
In keinem anderen Land käme es der Politik in den Sinn, die Besserstellung der Hausärzte über eine Kürzung der Einnahmen der Spezialisten zu finanzieren.
Kosten gleich Investition
«Ich verstehe nicht, warum die Stärkung der Hausärzte kostenneutral sein muss. Das darf man sich doch etwas kosten lassen, im Sinne einer Investition, die sich später auszahlt.»
Schlups Argumentation geht so: Gibt es künftig mehr leistungsstarke ambulante Versorgungszentren mit Haus- und anderen Ärzten, dann können diese mehr Patienten besser behandeln und damit teure Spitaleintritte verhindern.
Das Seilziehen im Tarifstreit geht weiter. Der Bund erwartet bis Ende Juni Vorschläge. Erst am Wochenende wurde bekannt, dass Bundesrat Alain Berset
die Frist erstrecken will, um das überarbeitete Tarifpaket einzureichen.