Die Versorgungsplanung via Leistungsaufträge und Spitallisten liegt heute in der Kompetenz der Kantone. Nach allgemeiner Lesart führt das primär zu Überversorgung nach dem Motto: «Jedem Täli sein Spitäli». Die Kantone versuchen aber bei ihrer staatlichen Beplanung der Versorgung auch ihre eigenen staatlichen Player zu bevorzugen. In der Westschweiz kommt eine üppige Subventionswirtschaft über die gemeinwirtschaftlichen Leistungen (GWL) hinzu, von der auch primär die zu teuren staatlichen Versorger profitieren. Insgesamt verteuert das Planwesen der Kantone unsere Gesundheitsversorgung in mehrfacher Hinsicht.
Jüngstes Beispiel fehlgeleiteter staatlicher Planung bietet die Zürcher Gesundheitsdirektion (GD). Dort führt die kantonale Planung zur Eliminierung von wettbewerblich besser aufgestellten Marktteilnehmern zu Gunsten der staatlichen Häuser: Zürich will die privat geführte spezialisierte Klinik Adus von der Spitalliste streichen. Wer dachte, die Gesundheitsdirektion hätte dafür gute Argumente, ist arg enttäuscht: An einem Podium liess ihr Vertreter verlauten, es sei aus Sicht des Kantons nicht relevant, ob ein spezialisierter Anbieter seine Leistungen wirtschaftlich effizienter, bei guter Qualität hochwertiger und wohl auch zweckmässiger – das heisst für die Kunden leicht erreichbar –anbiete. Zum einen würden Spezialisierung und Fokussierung einzelner Häuser zu einer «Fragmentierung des Gesundheitswesens in viele kleine Einheiten» führen. Zum anderen gehörten laut GD die stationären Patienten der günstigeren Adus Klinik in teurere grosse Spitäler umgelenkt, damit diese «mehr Geld verdienen» und deren Ärzte «besser üben» können (sic!).
So offen hat man selten gehört, dass die Verwaltung gegen Wettbewerb unter den Spitälern und für Heimatschutz der staatlichen Häuser plädiert. Notabene gehört die betreffende Klinik bezüglich Kostenbasis zu den günstigsten Anbietern im Kanton, und zwar bei hoher Qualität.
Spitallandschaft braucht mehr Markt und nicht mehr Planwirtschaft
Eine Spitallandschaft, die zukunftsfähig sein will, besteht nicht nur aus staatlichen Häusern der Grund- und Zentrumsversorgung, die zu relativ hohen Kosten alle dasselbe machen; gefragt ist ein Mix aus günstigen und qualitativ guten Häusern mit abgeglichenen Spezialisierungen.
Pro Memoria: Das neue Spitalfinanzierungsystem will seit 2012 eigentlich mehr und nicht weniger Wettbewerb. Der Kunde erhält die freie Spitalwahl, die Leistungserbringer unterliegen damit einem Leistungs- und Qualitätswettbewerb, was schliesslich bei der Preisbildung Druck auf Preise respektive Baserates erzeugt. Dieses Idealbild wird im Bereich der Planung aber permanent unterlaufen: Die Kantone tendieren, wie Zürich zeigt, zur Eliminierung günstiger Player in Form von Heimatschutz; damit verhindern sie die Entwicklung eines regulierten Marktes. Notabene: Märkte brauchen minimale Überkapazitäten, sonst können sie gar nicht funktionieren. Erstellt die Planung nur den nachgewiesenen Bedarf, sind wir mitten in der staatlichen Planwirtschaft. Konkurrenz bleibt aus.
Planung darf den Wettbewerb nicht verhindern
Wie kommt es zu derartigen Fehlentwicklungen? Ein wesentlicher Hintergrund ist die Vierfachrolle der Kantone. Sie sind nämlich «Finanzierer», «Leistungsbesteller/Planer», «Regulator/Tarifgenehmiger» und schliesslich oft auch noch «Eigentümer» der meisten Spitäler.
Diese Kompetenzkumulation führt zu unlösbaren Interessenkonflikten. Die Kompetenzen müssten dringend entflochten werden. Das kann erfolgen über den Ausstieg des Staates aus dem Eigentum, oder indem die Versorgungsplanung, die Tarifgenehmigung und die Finanzierung anders organisiert würden.
Neue Governance: Reduktion auf Gewährleistung der Versorgungssicherheit bei Marktversagen
Unter der Annahme, dass die Eignerschaft der Kantone respektive des Staates an Spitälern in den nächsten Jahren kaum erfolgreich angreifbar ist, gilt es vorab die Planungskompetenz neu aufzusetzen. Die Kompetenz der Kantone im Planungsbereich ist von der Maximal- auf die Mindestversorgung umzupolen. Neu sollten die Kantone Konzepte zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit im Spitalbereich an Stelle einer umfassenden staatlichen Angebotsplanung erarbeiten. Staatliche Eingriffe ins System erfolgten nur noch bei drohender Unterversorgung. Das heisst, die Kompetenz der Kantone ist darauf zu beschränken, planerisch eingreifen zu können, wenn Unterversorgung droht. Die Grundsätze einer solcherart geregelten Spitalplanung wären auf Bundesebene im KVG respektive in den Umsetzungserlassen zu regeln.
Was wäre politisch zusätzlich noch vorzukehren?
Ein echter Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern orientiert sich am Preis, dem Kosten/Nutzen-Verhältnis und an der Qualität. Zu diesem Zweck werden Indikationsqualität und die Transparenz bei der Gestaltung der Preise und Tarife als massgebendes Kriterium zur Beurteilung von Leistungen definiert. Es braucht gleichzeitig die Erhöhung des Handlungsspielraums für alternative Versicherungsmodelle, welche die Wahlfreiheit der Patientinnen und Patienten erhöhen (Anpassung des Leistungskataloges, Mehrjahresverträge, Versorgungsnetze, wählbare Franchisen, mehr Flexibilität bei der Prämiengestaltung). Schliesslich ist mit der Einführung von «Pay-for-Quality- Modellen» resp. «Value-based-pricing-Modellen» die Kosten-/Nutzen-Betrachtung konsequent umzusetzen. Leistungsaufträge wären regelmässig auszuschreiben; Art. 49 Abs. 3 KVG wäre wie folgt zu ergänzen: Die Kantone müssten Transparenz bezüglich GWL schaffen, und es müsste auch eine Ausschreibungspflicht für GWL verankert werden. Tarifstreitigkeiten würden nicht mehr von Kantonen entschieden, sondern durch eine neutrale fachlich qualifizierte Rekurskommission.
Zusammen mit der endlich nötigen Umsetzung der einheitlichen Finanzierung von ambulant und stationär (Efas) wären dies wirksame Massnahmen, um den aktuellen Reformstau systemkonform zu durchbrechen und auf der Gratwanderung zwischen Markt und Plan nicht auf der falschen Seite herunterzufallen.