FMH-Gutachten: Am meisten Arbeit wegen Chirurgenfehlern

Letztes Jahr anerkannte die zuständige FMH-Stelle 29 ärztliche Fehler. Gute Chancen haben Gutachten auf den Gebieten Chirurgie und Gynäkologie. Schwieriger wird es etwa bei Urologie-Patienten.

, 2. Juni 2016 um 09:00
image
  • fmh
  • ärzte
  • praxis
  • chirurgie
  • kunstfehler
Die FMH-Gutachterstelle hat letztes Jahr in 29 Fällen Diagnose- oder Behandlungsfehler festgestellt. In 38 weiteren untersuchten Fällen wurde kein Fehler gefunden. Dies geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten Jahresbericht der Gutachterstelle hervor. 
Die Fehleranerkennungsquote liegt im Jahr 2015 somit bei 43,3 Prozent; zu beachten ist allerdings, dass damit noch keine Kausalität zwischen dem erkannten Fehler und einem eingetretenen Schaden bestehen muss. 
Für das Jahr 2014 lag diese Zahl bei 44,2 Prozent. Zwischen 1982 und 2015 anerkannten die FMH-Gutachter in 34,2 Prozent aller Gutachten einen Fehler. 

Ungenügende Aufklärung in neun Fällen

In 40 Prozent der 2015 beurteilten Fälle ging es ausschliesslich um Behandlungen durch Ärzte in der Privatpraxis. Bei den übrigen Fällen ging es entweder ausschliesslich um die Begutachtung von Spitalbehandlungen oder von Behandlungen in beiden Institutionen.
Im Jahr 2015 haben die Gutachter zudem in neun Fällen, in denen kein Diagnose- oder Behandlungsfehler begangen wurde, eine ungenügende Aufklärung festgestellt, heisst es. 
Ein Gutachten dauert zwischen 14 bis 18 Monate. Oftmals sei es allerdings schwierig, den Einfluss einer einzigen Ursache – etwa eines Diagnose- oder Behandlungsfehlers – auf das unbefriedigende Gesamtergebnis zu bestimmen. Das führt dann zu unbestimmten Fällen. 

Aufschlüsselung nach Fachgebiet 1982 - 2015

(mit Fehleranerkennungsquote)

  • Chirurgie: 851 Gutachten, davon 35,2 Prozent bejaht (unbestimmt: 3,1 Prozent)

  • Orthopädische Chirurgie: 714 Gutachten, davon 37,8 Prozent bejaht (unbestimmt: 2,1 Prozent)

  • Gynäkologie und Geburtshilfe: 467 Gutachten, davon 38,1 Prozent bejaht (unbestimmt: 1,7 Prozent)

  • Allgemeinmedizin: 246 Gutachten, davon 36,9 Prozent bejaht (unbestimmt: 4,0 Prozent)

  • Innere Medizin: 237 Gutachten, davon 34,2 Prozent bejaht (unbestimmt: 1,68 Prozent)

  • Ophthalmologie: 145 Gutachten, davon 30,3 Prozent bejaht (unbestimmt: 4,1 Prozent)

  • Plastische und Wiederherstellungschirurgie: 130 Gutachten, davon 21,5 Prozent bejaht (unbestimmt: 1,5 Prozent)

  • Oto-Rhino-Laryngologie (ORL): 123 Gutachten, davon 24,4 Prozent bejaht (unbestimmt: 3,2 Prozent)

  • Anästhesiologie: 123 Gutachten, davon 31,7 Prozent bejaht (unbestimmt: 2,4 Prozent)

  • Neurochirurgie: 105 Gutachten, davon 31,4 Prozent bejaht (unbestimmt: 1,9 Prozent)

  • Urologie :80 Gutachten, davon 15,0 Prozent bejaht (unbestimmt: 3,8 Prozent)

  • Pädiatrie: 72 Gutachten, davon 41,7 Prozent bejaht (unbestimmt: 4,1 Prozent)

  • Handchirurgie: 61 Gutachten, davon 34,4 Prozent bejaht (unbestimmt: 3,3 Prozent)

  • Radiologie: 56 Gutachten, davon 25,0 Prozent bejaht (unbestimmt: 5,3 Prozent)

  • Dermatologie: 30 Gutachten, davon 30,0 Prozent bejaht (unbestimmt: 6,6 Prozent)

  • Herz- und thorakale Gefässchirurgie: 28 Gutachten, davon 32,1 Prozent bejaht (unbestimmt: 3,6 Prozent)

  • Neurologie: 26 Gutachten, davon 26,9 Prozent bejaht (unbestimmt: 3,8 Prozent)

  • Kieferchirurgie: 24 Gutachten, davon 12,5 Prozent bejaht (unbestimmt: –)

  • Kardiologie: 23 Gutachten, davon 8,7 Prozent bejaht (unbestimmt: 4,4 Prozent)

  • Kinderchirurgie: 24 Gutachten, davon 12,5 Prozent bejaht (unbestimmt: –)

  • Rheumatologie: 18 Gutachten, davon 33,4 Prozent bejaht (unbestimmt: –)

  • Gastroenterologie: 17 Gutachten, davon 23,5 Prozent bejaht (unbestimmt: –)

  • Psychiatrie: 17 Gutachten, davon 41,2 Prozent bejaht (unbestimmt: –)

  • Physikalische Medizin und Rehabilitation: 13 Gutachten, davon 23,0 Prozent bejaht (unbestimmt: 7,6 Prozent)

  • Onkologie: 9 Gutachten, davon 44,4 Prozent bejaht (unbestimmt: –)

  • Pathologie: 6 Gutachten, davon 66,7 Prozent bejaht (unbestimmt: –)

  • Pneumologie: 3 Gutachten, davon 66,7 Prozent bejaht (unbestimmt: –)

  • Pharmakologie: 2 Gutachten, davon 100 Prozent bejaht (unbestimmt: –)

  • Nephrologie: 2 Gutachten, davon 0 Prozent bejaht (unbestimmt: –)

  • Kinderpsychiatrie: 1 Gutachten, davon 0 Prozent bejaht (unbestimmt: –)

  • Radio-Onkologie: 1 Gutachten, davon 100 Prozent bejaht (unbestimmt: –)

  • Total 1982 - 2015: 3644 Gutachten, davon 34,2 Prozent bejaht (unbestimmt: 2,7 Prozent)

Zahlen sind kaum repräsentativ

Die FMH weist allerdings darauf hin, dass die oben aufgeführten Zahlen lediglich die Tätigkeit der FMH-Gutachterstelle zeige. Hinzu kommen anderweitig zahlreiche private Gutachten.
Aufgrund der geringen Datenbasis und der fehlenden Vergleichswerte seien die FMH-Zahlen für die Spital- und Arzthaftpflichtsituation in der Schweiz «kaum repräsentativ». 
«Insbesondere wäre es nicht zulässig, auf der Grundlage dieser Statistik Hochrechnungen betreffend die Fehlerhäufigkeit in den verschiedenen Fachgebieten oder allgemein in der Medizin für die Schweiz anzustellen», schreibt Rechtsanwältin Valérie Rothhardt, die Leiterin der FMH-Gutachterstelle. 


Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Treuhand und Trustcenter unter einem Dach - Exklusives Angebot für neue Kundinnen und Kunden

Das Trustcenter der hawadoc AG ist mit über 1000 zufriedenen Kundinnen und Kunden längst eine Erfolgsgeschichte. Darauf sind wir stolz. Wir möchten Ihnen eine bedeutende Facette unseres umfassenden Angebots vorstellen: Treuhand und Trustcenter unter einem Dach vereint.

image

Zürich: Kein Ausbau bei den Medizin-Studienplätzen

An der Universität können nächstes Jahr 380 junge Leute ein Studium der Humanmedizin einschliesslich Chiropraktik beginnen.

image

Exit-Chefin will, dass Ärzte mehr über Sterbehilfe lernen

Marion Schafroth, die Präsidentin von Exit, fordert, dass Ärzte und Ärztinnen auch in Sterbehilfe ausgebildet werden. Die FMH findet: Das sind sie bereits.

image

Auch für 70 Zürcher Ärztinnen und Ärzte gilt neu «42+4»

Drei Stadtzürcher Gesundheitsinstitutionen wechseln das System und testen die 42-Stunden-Woche mit 4 Stunden Weiterbildung.

image

Die versteckte Krise: Ärztinnen sind suizidgefährdeter als Ärzte

Die Selbstmordraten bei Ärzten sinken weltweit. Aber Ärztinnen sind immer noch speziell gefährdet.

image

«Die Schweiz ist für viele deutsche Ärzte ein Traum»

Allerdings: Für Schweizer Assistenzärzte kann die Arbeit an einem deutschen Krankenhaus interessant sein. Die Nachfrage steige, sagt Martin Werner von DocsGoSwiss im Kurzinterview.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.