Milliardenteure Unterlassungen

Die Schweiz musste im Frühling für Schutzmaterial exorbitante Preise zahlen, weil Kantone zuvor keine Reserven angelegt hatten - und die Importeure die Marktlage ausnutzten.

, 4. Dezember 2020 um 11:21
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  • coronavirus
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Im Frühjahr wurde in den Spitälern und Heimen das Schutzmaterial wie etwa Masken knapp. Dies, obschon der Bund vorgängig von dieser Knappheit wusste - und die Kantone verpflichtet hatte, daran etwas zu ändern. Doch diese hatten den Auftrag nicht richtig umgesetzt (die Hintergründe hat «Medinside» hier beleuchtet).
Im Zuge der ersten Coronawelle setzte der Bund deshalb die Taskforce Beschaffungskoordination Corona VBS ein, um doch an genügend Material zu kommen. Ein eben veröffentlichter Bericht dieser Taskforce zeigt, dass es dabei grosse Herausforderungen zu meistern gab - und dass die Schweiz dabei teilweise enorme Preise zahlen musste.

2,5 Milliarden Franken investiert

«Die damalige Marktsituation für persönliche Schutzgüter war ein absoluter Verkäufermarkt und hatte sich zu einer Art Spotmarkt entwickelt», steht im Bericht.
Das hatte zum einen exorbitante Kosten zur Folge. Ein Beispiel: FFP-Masken für das medizinische Personal kosten im Detailhandel normalerweise gut 2 Franken. Im März zahlte die Schweiz bei einer Grossbestellung von 1,8 Millionen Stück  10 Franken pro Maske - im Einkauf. Weitere 61 Millionen FFP-Masken für das Personal in den medizinischen Einrichtungen wurden Anfang April für 8 Franken das Stück gekauft. Kostenpunkt: eine halbe Milliarde Franken.
Insgesamt kaufte die Taskforce Materialien für fast 2,5 Milliarden Franken ein.
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Die zweite Grossbestellung vom 4. April im Detail. | Screenshot Taskforce-Bericht.

Händler wollten vorab bezahlt werden

Zum anderen sah sich die Taskforce auch mit kompromisslosen Händlern konfrontiert. Gemäss Finanzhaushaltgesetz und Finanzhaushaltverordnung dürfen eigentlich keine Anzahlungen ohne Absicherung gemacht werden. Auch die «bislang übliche Vorgehensweisen, wie beispielsweise einer internationalen Bank eine Erfüllungsgarantie zu geben oder das Geld auf ein Sperrkonto zu transferieren und erst freizugeben, wenn die Waren (...) übernommen wurden, scheiterten (...) und der Bereitschaft der Verkäufer oder an knappen Zeitverhältnissen». In der Folge seien im «eingeschränkten Rahmen finanzielle Risiken zugunsten einer raschen Beschaffung von Schutzgütern eingegangen» worden.
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