Fall Maisano: Der «Whistleblower» war sein Herzchirurgie-Kollege

Nun kennt wahrscheinlich die ganze Branche den Namen des Whistleblowers im Fall des Zürcher Herzchirurgen Francesco Maisano.

, 30. Mai 2020 um 06:00
image
  • universitätsspital zürich
  • spital
  • universität zürich
Die Liste an Vorwürfen gegen den Direktor der Klinik für Herzchirurgie am Zürcher Unispital (USZ) ist lang: Aus Eigeninteresse bereichert, negative Aspekte in Studien unterschlagen oder Interessenkonflikte nicht offengelegt. Zwar stellen die Anwälte der Kanzlei Walder Wyss in ihrem externen Bericht auch grobe Mängel fest, zum Beispiel «Ungenauigkeiten» in Publikationen. Aber die Juristen entdeckten «keine Hinweise auf ein strafbares Verhalten» durch Francesco Maisano, weshalb auch keine Anzeigepflicht bestehe.
Den Fall ins Rollen hat ein Whistleblower im Dezember gebracht. Jetzt ist auch klar, wer genau dahinter steckt. Der «Tages-Anzeiger» nennt den Mann zwar nicht bei seinem richtigen Namen, schreibt aber «Leitender Arzt», «arbeitet seit mehr als zehn Jahren» am Unispital, «Herzchirurg» und seit Ende April gekündigt und freigestellt. Wer sich in der Branche etwas auskennt, der dürfte auch schnell auf den Namen des Arztes kommen. Der Kreis der Fachleute ist klein.

Geht rechtlich gegen das Spital vor

Die genauen Umstände und wahren Gründe, die zur Kündigung des Chirurgen führten, lassen sich (für Aussenstehende) nicht genau ermitteln. Klar ist: Irgendwann scheint die Zerrüttung zu gross zu sein, der Streit in der Zürcher Herzchirurgie eskaliert. Und zum Streiten gehören in der Regel ja immer zwei. Der Whistleblower wollte dem Vernehmen nach auch den Job als Stellvertreter von Maisano, was aber nicht klappte.
Seine Anwältin sagt gegenüber dem «Tages-Anzeiger», dass das Verhalten des Unispitals «unverständlich und krass missbräuchlich» sei. Man habe allein und ungeprüft auf die von Maisano gelieferten Informationen abgestellt, ohne ihrem Mandanten das rechtliche Gehör zu gewähren.

Chirurg hat sich nicht an Auflage gehalten

Das Unispital sagt hingegen der Zeitung, dass «sich zwischen einem Mitarbeiter und diversen Mitgliedern des Teams inklusive des Chefarztes über längere Zeit ein zwischenmenschlicher Konflikt aufgebaut hatte, der in schwere Vorwürfe gegen den Chefarzt einmündete».
Der Whistleblower hat sich darüber hinaus nicht an die Auflage gehalten, die Angelegenheit vertraulich zu behandeln. So hat er diverse Dritte über seine Vorwürfe informiert: Zum Beispiel Natalie Rickli, Alain Berset und Daniel Koch vom BAG. Damit habe er zu einer Eskalation der Angelegenheit beigetragen, steht im externen Untersuchungsbericht zu lesen. 

Noch keine Entscheide gefallen

Das Unispital hat Francesco Maisano derzeit für drei Wochen beurlaubt. Man wolle ihm Zeit einräumen, sich zum externen Bericht detailliert zu äussern. Erst dann werde es um den Entscheid gehen, ob und, wenn ja, welche allfälligen Sanktionen vorzusehen seien. Das USZ warnt aber vor Vorverurteilungen.
Gleichzeitig untersucht die Universität Zürich (UZH) die Anschuldigungen im Zusammenhang mit den wissenschaftlichen Publikationen von Francesco Maisano. Auch eine Subkomission der Aufsichtskommission für Bildung und Gesundheit des Zürcher Kantonsparlamentes will die Angelegenheit weiter abklären. 

Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Die digitalisierte Patient Journey in der Lindenhofgruppe

Die digitale Patient Journey ist in Schweizer Spitälern etabliert. Sie erleichtert Patient:innen die Planung, Vorbereitung und Begleitung rund um den Spitalaufenthalt und entlastet das medizinische Personal – besonders bei psychisch belastenden Situationen im Vorfeld.

image

Innovative Kinderradiologie am Kantonsspital Baden

Das Kantonsspital Baden setzt in seinem Neubau neue Massstäbe in der patientenfreundlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Die Kinderradiologie bietet ein breites Spektrum an diagnostischen und therapeutischen Leistungen und arbeitet eng mit anderen Fachbereichen zusammen.

image

Co-Creation im Gesundheitswesen

Zippsafe revolutioniert mit seinen Produkten das Gesundheitswesen. Ein platzsparendes Spindsystem optimiert Personalumkleiden, während ZippBag und ZippScan den Umgang mit Patienteneigentum verbessern. Erfahren Sie, wie die Produkte durch enge Zusammenarbeit mit Schweizer Spitälern entwickelt wurden.

image

Effiziente Desinfektion: Plastikfrei & nachhaltig

Die Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues bieten nachhaltige und effektive Desinfektion. Sie bestehen aus 100% plastikfreien Cellulosetücher und reduzieren CO₂-Emissionen um 25% pro Packung. Mit hoher Reissfestigkeit, grosser Reichweite und Hautverträglichkeit sind sie optimal für Hygiene und Umwelt.

image

Wenn die KI sagt, dass es Zeit ist fürs Hospiz

In einem US-Spital läuft ein heikler Test: Ein Künstliche-Intelligenz-Programm eruiert Patienten für Palliative Care.

image

Nachhaltig: Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues

HARTMANN erweitert sein Portfolio um die nachhaltigen Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues. Die Tücher werden aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt und vereinen hohe Wirksamkeit, Materialverträglichkeit und Hautfreundlichkeit. Dabei werden Plastikabfall sowie CO₂-Emissionen reduziert.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.