Dramatisch oder nicht? Leiter Intensivmedizin gerät in Kritik

Ein stellvertretender Chefarzt vom Kantonsspital St. Gallen (KSSG) äussert sich zur Corona-Situation im Spital. Die Gewerkschaft VPOD beurteilt die Lage aber anders.

, 17. Dezember 2020 um 14:18
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Die Coronasituation am Kantonsspital St. Gallen (KSSG) sei derzeit glücklicherweise nicht so dramatisch. Dies sagte Miodrag Filipovic am Mittwoch in einer Sendung im Ostschweizer Regional-TV. Er leitet die Chirurgische Intensivstation am KSSG. 
«Wir haben zwar viele Patienten, aber wir können die Situation im Moment gut bewältigen», so Filipovic. 
Der Intensivmediziner erklärte auch, dass die Situation in der Schweiz nicht überall vergleichbar sei. «Weckrufe» von Unispitälern und Verbänden seien gerechtfertigt. Denn es gebe wahrscheinlich mehr Ansteckungen über die Festtage und gleichzeitig feiertagsbedingt weniger Personal.

Kaum noch Kraft und Zeit, zu kochen

Gewisse Aussagen von Miodrag Filipovic stossen aber auf Kritik. Die Situation sei sehr viel dringlicher, als von ihm geschildert, sagt der Verband des Personals öffentlicher Dienste Ostschweiz gemäss dem «St. Galler Tagblatt».
Der VPOD zeigt sich «schockiert» über die Aussagen des Stellvertretenden Chefarztes und Leiter der Intensivmedizin. Der Verband wisse, dass die Pflegenden und die Ärzte am Anschlag seien: «Sie können nur noch arbeiten und schlafen. Oft fehlt sogar die Kraft, und die Zeit, sich etwas zu Essen zu kochen». 
Filipovic wollte sich auf Anfrage der Zeitung dazu nicht äussern. Das Kantonsspital St.Gallen will dem VPOD direkt für einen offenen Austausch zur Verfügung stehen – ohne aber an die Öffentlichkeit zu gehen. 

Zusammenarbeit offenbar nicht immer reibungslos

Seit mehreren Wochen nehmen Covid-19-Patienten zwei Drittel der Plätze auf der Chirurgischen Intensivstation des St. Galler Kantonsspitals ein, sagt die Gewerkschaft. Dies, weil die Medizinische Intensivpflegestation, die normalerweise Infektionskrankheiten behandle, bereits voll belegt sei. In einer normalen Grippesaison würden an einzelnen Tagen maximal ein bis zwei Influenzakranke auf beiden IPS zusammen betreut.  
Intensivstationen sind laut VPOD im Kantonsspital St. Gallen im Krisenmodus: Mitarbeitende springen ein, um die Dienste abzudecken, machen Überzeit, nehmen verkürzte Pausen und bieten an, Urlaube zu verschieben, heisst es weiter. Ein Grund für die übervolle Medizinische IPS sei auch die nicht ganz reibungslose Zusammenarbeit zwischen den beiden Abteilungen, wie mit den Abläufen vertraute Personen gegenüber Medinside sagen. 

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