Diese Kantonsärztin hat das Coronajahr gemeistert

Reihum haben letztes Jahr Kantonsärzte und -ärztinnen gekündigt. Nicht in Bern: Linda Nartey hat allen Widerwärtigkeiten getrotzt.

, 6. Januar 2021 um 10:33
image
Als letzten Sommer die Schaffhauser Kantonsärztin Maha Züger das Handtuch warf, konnte es niemand mehr als Zufall abtun: Die Corona-Pandemie brachte die Kantonsärzte und -ärztinnen an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Maha Züger hatte innert weniger Monate 600 Überstunden angesammelt.

Auch ohne Kantonsrzt: Zürich, Baselland und Freiburg

Die Schaffhauser Kantonsärztin ist kein Einzelfall: Auch Zürich, das Baselbiet und Freiburg standen plötzlich ohne ihre Chefbeamtinnen und -beamten ihrer Kantonsarztämter da.
Auch für die Berner Kantonsärztin Linda Nartey war es ein schwieriges Jahr. «Nochmals ein solches Jahr anhängen, das kann ich nicht», sagte sie gegenüber der «Berner Zeitung». Doch die Kantonsärztin des zweitgrössten Schweizer Kantons hat bisher alle Schwierigkeiten gemeistert.

Bedroht und beschumpfen

Sogar in jener Oktobernacht, als sie auf ihrem Heimweg von einem in Bern bekannten Corona-Leugner durch die dunklen Lauben verfolgt und aufs Gröbste beschumpfen wurde, hat sie sich nicht aus der Fassung bringen lassen.
Wie wohl die meisten anderen Kantonsärzte und -ärztinnen musste sie viel Kritik von Corona-Skeptikerinnen, Maskenverweigern und Verschwörungstheoretikern einstecken. Doch nach wie vor ist sie überzeugt von ihrer Arbeit - nicht weil sie glaubt, das einzig Richtige zu tun.

Doppelt so viele Mitarbeiter

Sondern weil sie ihr Tun kritisch überprüft und glaubt, ihre Einschätzungen und Entscheide nach bestem Wissen und Gewissen zu treffen. Die 52-jährige Epidemiologin gibt auch zu, dass ihr das letzte Jahr alles abgefordert hat: 7-Tage-Wochen, keine Ferien und wenig Privatleben. Die Zahl ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat sich im letzten Jahr auf 30 verdoppelt.

In Schaffhausen nun eine 60-Prozent-Stelle

Solche turbulente Zeiten haben andere Kantonsärzte und -ärztinnen nicht toleriert: Maha Züger, die ehemalig Schaffhauser Kantonsärztin wehrte sich dagegen, dass sie die Pandemie mit einem 30-Prozent-Pensum hätte bewältigen sollen. Schaffhausen ist nun immer noch auf der Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger. Das Amt ist nun immerhin als 60-Prozent-Stelle ausgeschrieben.

Zürcher Kantonsarzt war krankgeschrieben

Der Zürcher Kantonsarzt Brian Martin verliess im März seine Stelle völlig überraschend. Der «Tages-Anzeiger» schrieb von einem «Burnout-ähnlichen Zusammenbruch». Zürich fand in Martins Stellvertreterin Christiane Meier eine Nachfolge.

Kündigung schon nach Probezeit

In Freiburg verliessen Ende Mai die beiden Co-Kantonsärztinnen Barbara Grützmacher und Stéphanie Boichat Burdy ihre Stelle bereits nach der dreimonatigen Probezeit. Neuer Kantonsarzt in Freiburg ist Thomas Plattner.
Das Baselbieter Gesundheitsamt musste Ende Juli möglichst schnell auf einen neuen Chef finden: Auch dort hatt die Kantonsärztin überraschend gekündigt. Der neue Kantonsarzt ist dort Samuel Erny.
Wer eine Stelle in einem Kantonsarztamt sucht, hat derzeit eine gute Auswahl. Nur: eine einfache Arbeit wartet nicht auf die neuen Stelleninhaber - auch nicht im neuen Jahr.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Spital Bülach: Mehr Patienten, mehr Gewinn

Mit einem Gewinn-Plus von 17 Prozent zeigt sich das Regionalspital 2024 gestärkt. Weniger Ausgaben für Temporärpersonal trugen zur Entwicklung bei.

image

Zwei neue Ärztinnen in Hasliberg

Ab 1. Mai 2025 verstärken Dr. med. Stefanie Zahner-Ulrich und Dr. med. (SRB) Sonja Krcum Cvitic das Team der Rehaklinik Hasliberg. Mit ihren fundierten Erfahrungen in Allgemeiner Innerer Medizin bzw. Physikalische Medizin und Rehabilitation erweitern sie gezielt die medizinische Kompetenz der Klinik

image

Urschweiz: Fusion bei den Kantonsärzten

Weil sich kaum noch Ärzte für die Aufgaben finden lassen, vereinigen Nidwalden, Obwalden und Uri nun den kantonsärztlichen Dienst.

image

Zürcher Kantonsspitäler: Verbände fordern Nachbesserung

Mit einer Unterschriftensammlung fordern VPOD, SBK und Physioswiss, dass USZ, KSW, PUK und IPW noch einen Teuerungsausgleich gewähren, der den Namen verdient.

image

Bewilligungen: Auch Kanton Zürich hat eine neue Lösung

Eine «Berufsausübungsbewilligung für alle» ist nicht nötig, befand ein Rechtsgutachten.

image

Spital Männedorf: Rückendeckung der Gemeinden

Heute tun sich Spitäler schwer mit Krediten. Damit das Spital Männedorf eine auslaufende Anleihe ablösen kann, spannen die Trägergemeinden einen Sicherheitsschirm auf.

Vom gleichen Autor

image

«Das Inselspital ist noch lange nicht über den Berg»

Das Inselspital wartete mit guten Meldungen auf. Doch der Insel-Kritiker Heinz Locher gibt keine Entwarnung.

image

So entgehen Sie dem Hochstapler-Syndrom

Viele Ärztinnen und Ärzte überfordern sich – und glauben dann selber, dass sie über ihrem Können spielen. Das ist schlecht für die Psyche.

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.