Die Lohnfrage des Thierry Carrel

Der Klinikdirektor im Berner Inselspital stellt fest, dass Chirurgen zuwenig verdienen. Zumindest im Vergleich zu Bankern und Managern.

, 7. September 2015 um 13:35
image
  • lohn
  • ärzte
  • thierry carrel
  • insel gruppe
In der neuen «Schweizer Illustrierten» (Print) findet sich ein Gespräch mit Thierry Carrel – und die Rede kommt dabei auch auf den Lohn des Chefarztes. Erwähnt wird, dass der Inselspital-Kardiologe im Jahr auf etwa 600'000 Franken kommt. 
Und Carrel setzt hier ein Fragezeichen: «Obwohl es in unserem Beruf oft um Leben und Tod geht, ist das durchschnittliche Einkommen bedeutend geringer als jenes von Bankern und Wirtschaftsmanagern», stellt er fest. «Ich stelle mir immer wieder die Frage, ob die eine Arbeit tatsächlich so viel mehr wert sein kann als die andere.»

Angebot und Nachfrage?

Die Frage ist gewiss berechtigt – alleine in der UBS arbeiten beispielsweise über 500 Angestellte, so genannte «Key Risk Takers», die deutlich mehr verdienen als jeder Chefarzt Chirurgie im Land. Und wenn man sich die verschiedenen risks der beiden Gruppen ansieht, dann ahnt man, dass andere Faktoren hier eine entscheidende Rolle spielen müssen.
Gegenüber dem «Blick» erklärte Sonja A. Buholzer, eine Wirtschaftsberaterin, diesen Graben mit dem Mechanismus von Angebot und Nachfrage: «Das Angebot an jungen, hervorragend ausgebildeten Ärzten und Fachärzten, auch aus dem Ausland, ist anspruchsvoll. Das generiert Wettbewerb und senkt das Lohnniveau. Die Zahl exzellenter Wirtschaftsführer hingegen ist noch immer klein und exklusiv. Im freien Markt treibt dies die Löhne nach oben.»

Oder doch eher: Wie rentabel ist die Institution?

Doch die Sache ist vermutlich schon komplizierter. Zum Beispiel werden die höchsten Gehälter in der Bank- und der Pharmabranche ausbezahlt – in Unternehmen also, die so aufgestellt sind, dass sie enorme Gewinne aus ihrer öffentlichen Position ziehen können. Derweil arbeiten Ärzte in Spitälern, also Institutionen, die traditionell eher wenig rentabel sind.
Thierry Carrel betont allerdings im «Schweizer Illustrierte»-Gespräch, er habe er «den Arztberuf nie wegen der Entlöhnung angestrebt.»
Dabei wurde er auch nach seinen politischen Ambitionen befragt; 2011 hatte der Herzchirurg auf der FDP-Liste in Bern kandidiert. «Never say never», lautet Carrels Antwort jetzt: «Durch meine Nationalratskandidatur 2011 sind manche Politiker und Entscheidungsträger auf mich aufmerksam geworden und fragen mich um meine Meinung.» Die FDP unterstütze er gerne weiter.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Ärzte in der Krise: Immer mehr suchen Unterstützung

Zu viel Arbeit, Burn-Out, Angst, Selbstzweifel und Depression: Das sind die fünf Hauptgründe für Ärzte und Ärztinnen, sich Hilfe bei der Remed-Hotline zu holen.

image

Berner Zeitungen verletzten Privatsphäre einer Ärztin

Ein Artikel in den Berner Medien enthielt zu viele Details über eine verurteilte Ärztin. Der Pressrat gab deshalb den Universitären Psychiatrischen Diensten Bern (UPD) recht.

image

EPD: Verschnaufpause für Ärztinnen und Ärzte

Die Anschlusspflicht für Ärztinnen und Ärzte ans EPD soll erst mit der grossen Revision eingeführt werden.

image

USA: Milliardärin befreit Medizinstudenten von Studiengebühren

Am Albert Einstein College of Medicine in New York lernen die Medizinstudenten ab sofort gratis. Dank einer Milliardenspende.

image

Der IV fehlen die Ärzte – weil niemand dort arbeiten will

Schlechtes Image, andere Kultur: Deshalb hat die IV so grosse Mühe, genug Ärzte und Ärztinnen für die IV-Abklärungen zu finden.

image

Hausärzte: Gute Bezahlung heisst gute Behandlung

Boni für Ärzte? Eine neue Studie deutet an, dass eine Leistungslohn-Komponente ganz gut sein könnte für die Patienten.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.