Die Führungscrew von Hirslanden steht enorm unter Druck

Die Konsolidierung in der Spitalbranche zwingt das Management der Hirslanden-Kliniken rasch zu handeln. Ein Vorbild für andere Spitalmanager?

, 4. Juni 2019 um 11:37
image
  • hirslanden
  • spital
  • wirtschaft
Wäre die Hirslanden-Klinik Belair ein öffentliches Spital, sähe die Welt ganz anders aus: Statt einem Konsultationsverfahren und der drohenden Schliessung gäbe es politische Diskussionen und Volksabstimmungen. Kurz: Es ginge alles viel langsamer und komplizierter.
Eine Spitalschliessung ist zwar politisch unerwünscht, aber nicht per se schlecht. Im Gegenteil. Das drohende Aus der Klinik Belair ist nur ein weiteres Signal an die Gesundheitsbranche und auch an die Gesundheitspolitiker. Es zeigt, in welcher schwierigen Lage die Spitäler in der Schweiz stecken. Denn nicht nur Hirslanden steht unter Druck, sondern überhaupt alle Spitäler und Kliniken in der Schweiz. 

Aktionärsmehrwert als Hauptziel

Aber Hirslanden ist ein Privatspital. Deshalb dürfte die Konsolidierung hier rascher voranschreiten als anderswo. Und die private Klinikkette ist exponiert und steht deshalb unter genauer Beobachtung von verschiedenen Akteuren. Diese Perspektive kommt manchmal etwas zu kurz, auch in diesen Spalten.
Die Ausgangslage für Hirslanden ist also eine ganz andere als für öffentliche Spitäler. Nicht nur vor dem Hintergrund der vielfach beklagten fehlenden Subventionen. Denn nebst dem schwierigen Branchenumfeld dürfte auch die Muttergesellschaft Druck erzeugen. Die Schweizer Privatklinikgruppe ist der grösste Ergebnislieferant des südafrikanisch-britischen Mediclinic-Konzern. Die Mediclinic-Aktionäre, allen voran Hauptaktionär und Milliardär Johann Rupert, müssen seit einiger Zeit sinkende Kurse in Kauf nehmen: Der Kurs ist in den letzten zwei Jahren um mehr als 60 Prozent gefallen.

Höhere Erwartungen als bei öffentlichen Spitälern

Dieser Kursverfall an der Börse hat auch damit zu tun, dass die Marke Hirslanden Schrammen bekommen hat. So musste die Gruppe erst vor kurzem bei Anlagen und Markenwerte Abschreiber im Umfang von über 300 Millionen Franken verbuchen. Bereits vor einem Jahr hatte Mediclinic für Hirslanden eine drastische Wertberichtigung von rund 840 Millionen Franken vorgenommen. Doch wie stark eine Marke wirklich ist, lässt sich nur schwer feststellen. Und es gibt keine Vergleiche: Öffentliche Spitäler müssen keine regulatorische Werthaltigkeits-Test für Marken, Goodwill oder Anlagevermögen durchführen. 
Fazit: Privatspitäler sehen sich noch mehr gezwungen, Entwicklungen im Umfeld rascher zu antizipieren und Entscheide umzusetzen als öffentliche Spitäler. Die Frage ist nun, ob es der neuen Hirslanden-Crew auch gelingt, die Gruppe unter den erschwerten Rahmenbedingungen wieder auf Kurs zu bringen? Hirslanden verzeichnete in den letzten drei Jahren mehrere Wechsel auf Konzernleitungsstufe, auch Neuzugänge von ausserhalb der Gesundheitsbranche. Und von den acht Mitgliedern des Gremiums sind nur gerade CEO Daniel Liedtke und CCO Christian Westerhoff langjährige Hirslanden-Manager. Diese vielen Wechsel lassen deshalb auch einen Hauch Zweifel aufkommen. 
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Spital Samedan prüft Zusammenschluss mit Kantonsspital Graubünden

Die Stiftung Gesundheitsversorgung Oberengadin untersucht zwei strategische Wege in eine nachhaltige Zukunft.

image

Kantonsspital Aarau: Mehr Betten im Neubau

Wegen einer «unverändert hohen Patientennachfrage» plant das KSA nun doch mehr Betten.

image

Hirslanden: Umbau an der Spitze – näher zu den Regionen

Hirslanden-Zürich-Direktor Marco Gugolz zieht als Regional Operations Executive in die Konzernleitung ein.

image

Was geschieht mit dem Spital Thusis?

Die Stiftung Gesundheit Mittelbünden sucht Wege aus der finanziellen Krise – beraten von PwC. Ein Entscheid soll im Herbst fallen.

image

CSEB: «Herausfordernd, aber zufriedenstellend»

Trotz roten Zahlen und leicht rückläufigen Patientenzahlen gibt sich das Center da sandà Engiadina Bassa optimistisch.

image

Spital STS: Hohe Patientenzahlen bewahren nicht vor Verlust

Sowohl stationär als auch ambulant gab es bei der Spitalgruppe Simmental-Thun-Saanenland 2023 einen Zuwachs.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.