Chirurginnen führen weniger schwierigere Eingriffe aus als ihre männlichen Kollegen. Der Mittelwert der sogenannten Work Relative Value Unit (WRVU) bei männlichen Chirurgen betrug 10,8, verglichen mit 8,3 bei den weiblichen Peers. Dies ergibt einen Unterschied in der Komplexität von 23 Prozent.
«Wenn man das im Laufe eines Jahres oder einer Karriere multipliziert, ist das ein riesiger Unterschied», sagt Ya-Wen Chen von der Harvard Medical School, eine der Autorinnen der Studie, die in der Fachzeitschrift «Annals of Surgery» jetzt veröffentlicht wurde.
Familiäre Verpflichtungen wurden berücksichtigt
Analysiert wurden über 550'000 Falldaten von Operationen, die rund 130 Chirurginnen und Chirurgen am Massachusetts General Hospital zwischen 1997 und 2018 durchgeführt hatten. Die WRVU ist eine allgemeine anerkannte Metrik und misst die technische Komplexität eines Eingriffs.
Die Auswertung wurde um gewisse Faktoren bereinigt, wie etwa die Wahl des Subspezialisierung oder die Verfügbarkeit auf Grund familiärer Verpflichtungen.
Chirurginnen selbst sind nicht das Problem
Immer wieder steht zur Diskussion, ob Frauen in der Chirurgie möglicherweise als weniger selbstbewusst oder kompetent wahrgenommen werden. Und aus diesen Gründen möglicherweise weniger Gelegenheit haben, komplexe Fälle zu operieren.
«Es kann sein, dass überweisende Ärzte oder Patienten kein Vertrauen in Chirurginnen haben, um komplexe Fälle durchzuführen», sagt Chen, selber ausgebildete Chirurgin. Wenn dem so wäre, dann würden auch Massnahmen wie die vermehrte Teilnahme an Konferenzen und mehr Führungstrainings wenig bringen, weibliche Karrieren voranzubringen.
Ya-Wen Chen , Maggie L Westfal, David C Chang, Cassandra M Kelleher: «Under-Employment of Female Surgeons?», in: «Annals of Surgery». September 2020.