Berner Zahnärzte wehren sich gegen tiefen Sozialtarif

Manche Berner Zahnärzte wollen keine Sozialhilfeempfänger mehr behandeln. Denn der Kanton Bern hat eine gewährte Tariferhöhung rückgängig gemacht.

, 18. Januar 2019 um 12:15
image
  • zahnärzte
  • sozialdienst
  • kanton bern
  • ärzte
Etliche Zahnärzte im Kanton Bern wollen keine Sozialhilfeempfänger mehr behandeln - zumindest nicht zum derzeit im Kanton Bern gültigen Tarif. Deshalb hat die Gesundheits- und Fürsorgedirektion (GEF) mit der bernischen Zahnärzte-Gesellschaft SSO Bern ein Krisentreffen vereinbart, wie die Zeitung «Der Bund» meldet.
Hintergrund des Tarifsstreits ist eine Motion der Lysser SP-Grossrätin Margrit Junker Burkard. Diese forderte, dass die Berner Zahnärzte für die Behandlung von Sozialhilfeempfängern dem Kanton nicht mehr den höheren Tarif verrechnen dürfen, den die Schweizerische Zahnärzte-Gesellschaft SSO vor einem Jahr eingeführt hatte.
Dieses Tarifsystem bringe der Sozialhilfe nämlich Mehrkosten von rund 2 Millionen Franken, begründete Margrit Junker Burkhard ihren Vorstoss. Sie fand es widersprüchlich, dass im Kanton Bern Kürzungen in der Sozialhilfe beschlossen worden seien und den Zahnärzten gleichzeitig ein höherer Tarif gewährt werde.

435 Franken statt 330 Franken pro Stunde

Tatsächlich stellte Preisüberwacher Stefan Meierhans letztes Jahr fest, dass der neue Tarif zu Preiserhöhungen von rund 30 Prozent führte. Ein Beispiel: Zahnärzte konnten seit Anfang 2018 für die Behandlung von Sozialhilfeempfängern dem Kanton Kosten von 435 Franken statt nur 330 Franken pro Stunde Mundhygiene verrechnen.
Doch auf Anfang Jahr hat die Berner GEF nun die Tariferhöhung vom letzten Jahr wieder rückgängig gemacht. Die Sozialdienste dürfen seither nur noch Offerten zum alten Tarif akzeptieren, der aus dem Jahr 1994 stammt.
Das wollen die Berner Zahnärzte nicht akzeptieren. Im alten Tarif seien weder die Teuerung noch die gestiegenen Anforderungen bei der Hygiene einberechnet. Den neuen Tarif hatte die Schweizerische Zahnärzte-Gesellschaft SSO zusammen mit der Unfall- (UV), der Militär- (MV) und der Invalidenversicherung (IV) festgelegt.
Wenn Sozialhilfeempfänger zum Zahnarzt müssen, zahlt ihnen der Kanton die Kosten. Allerdings achten die Sozialdienste darauf, dass die Zahnärzte nur notwendige und einfache Behandlungen vornehmen. Sie überprüfen deshalb die Zahnarzt-Offerten und verlangen zum Teil auch günstigere Lösungen.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Zwei Aargauer Ärzte wegen Nazi-Vergleich verurteilt

Zwei ehemalige Kaderärzte des Kantonsspitals Aarau wurden wegen übler Nachrede gegenüber Javier Fandino verurteilt.

image

Die Digitalisierung von klinischen Studien: Fortschritte in der Medizintechnik auf dem Weg zu papierlosen Verfahren

Klinische Studien stellen aufgrund ihrer langwierigen Durchführung, der anspruchsvollen Teilnehmerrekrutierung und der hohen Verfahrenskosten den kostenintensivsten Bestandteil des Produktentwicklungsprozesses* dar.

image

Kann Digitalisierung gegen den Hausärztemangel helfen?

Auf der Suche nach Lösungen für den Ärztemangel in der Grundversorgung gehen Leistungserbringer neue Wege und nehmen die Digitalisierung selber in die Hand, um den Zugang und die Qualität zu verbessern.

image

Falsche Ärztin wollte von Deutschland in die Schweiz

Eine mutmassliche Betrügerin hat monatelang als Ärztin in einer Klinik nahe an der Schweizer Grenze gearbeitet. Sie hatte gefälschte Papiere und wollte einen Job in der Schweiz erschleichen.

image

So entgehen Sie dem Hochstapler-Syndrom

Viele Ärztinnen und Ärzte überfordern sich – und leiden dann unter dem «Hochstapler-Syndrom». Das ist ungesund für die Psyche.

image

Oral-Sex mit Ex-Patient wurde Psychiaterin zum Verhängnis

Zuerst wollten die Universitären Psychiatrischen Dienste Bern (UPD) eine verurteilte Ärztin behalten. Doch plötzlich besannen sie sich anders.

Vom gleichen Autor

image

Die vier Möglichkeiten für eine neue Krankenversicherung

Die Krankenkassen erhöhen ihre Prämien nächstes Jahr vermutlich wieder massiv. Politiker schlagen deshalb neue Versicherungs-Modelle vor.

image

Experte widerspricht dem «Märchen» von den hohen Reserven

«Die Kassen schwimmen im Geld», schrieb der «K-Tipp». Versicherungsfachmann Felix Schneuwly ist anderer Meinung: Die Reserven seien gering.

image

Diese fünf Behandlungen sollten sich Spitäler sparen

Keine vorbeugenden Antibiotika und keine Schlafmittel-Rezepte für zuhause: Das sind zwei von fünf neuen Empfehlungen für Spital-Ärzte.