BAG und CSS streiten um Daten und Datenschutz

Zwischen den Krankenkassen und dem Bundesamt gibt es offenbar Reibereien wegen der Informationswünsche aus Bern. Kernfrage dabei: Darf ein Amt massenhaft intime Patientendaten verlangen? Und falls ja: Wie sehr müssen diese Daten anonymisiert sein?

, 7. Januar 2016 um 11:32
image
  • bundesamt für gesundheit
  • css
  • versicherer
«Verstaatlichung der Intimsphäre»: So titelt die «Weltwoche» in ihrer neusten Ausgabe. Der Beitrag (Paywall) dreht sich um eine Reiberei zischen dem Bundesamt für Gesundheit und den Krankenkassen.
Das BAG fordert – offenbar zunehmend ultimativ –, dass die Versicherer Patientendaten nach Bern liefern, «sonst behalte man sich Aufsichtsmassnahmen und Strafverfahren vor», so die «Weltwoche»-Recherche. 

«Nur unter Einbezug des Datenschutz-Beauftragten»

Das Amt beruft sich dabei auf das Krankenkversicherungsgesetz und dabei insbesondere auf eine Verordnung von 1995: Danach müssen die Versicherer Informationen zu Alter, Geschlecht und Wohnort der Versicherten liefern; ferner Einzelheiten zu Ein- und Austritten bei der Versicherung, zu Todesfällen, zu den abgeschlossenen Versicherungsarten mit Angabe der Prämienhöhe und der Franchise; ferner Informationen über Umfang, Art, Tarifposition und die Kosten der im Laufe eines Jahres erhaltenen Rechnungen für gesetzlich geregelte Leistungen.
Hier melden diverse Versicherer nun datenschutzrechtliche Bedenken an. Am weitesten geht die CSS: Die Luzerner Versicherungsgruppe will lediglich jene Daten zur Verfügung stellen, die datenschutzrechtlich unbedenklich sind. «Datenlieferung – der Not gehorchend – ja, aber nur unter Einbezug des eidgenössischen Datenschutzbeauftragten», sagt CSS-Chef Georg Portmann in der «Weltwoche».

Erkennbar trotz Anonymisierung?

Seine Kasse hat als einziger Versicherer jetzt eine Erstreckung der Frist zur Übermittlung der Daten bis Ende Januar erhalten. Auch die Helsana-Spitze teilt mit, dass man die Rechtmässigkeit der BAG-Forderungen nicht anerkenne.
Der springende Punkt: Offenbar sind die Daten, welche das BAG verlangt, mittlerweile so detailliert, dass persönliche Patientenprofile daraus erkennbar werden – auch wenn die zugehörige AHV-Nummer unkenntlich gemacht wird.
Unterstützung erhält die CSS-Seite offenbar vom Eidgenössischen Datenschutzbeauftragen Edöb: Eine Regelung auf Verordnungsstufe genüge nur für administrative Daten, so die zitierte Stellungnahme. Die Übermittlung besonders schützenswerter Angaben müsste hingegen auf Gesetzesstufe geregelt sein. 
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Viel Zustimmung für Kostenbremse im Gesundheitswesen

Bald kommt eine Initiative vors Volk, welche die Healthcare-Branche massiv betreffen könnte. Sie hat offenbar intakte Chancen.

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

«Das Problem ist die Bürokratie, welche die Kassen selber mitverursachen»

Der Kardiologe Michel Romanens kämpft seit Jahren gegen die WZW-Ermittlungs-Verfahren der Versicherer. Nun erhält er massive Unterstützung durch ein Bundesgerichts-Urteil. Was sind die Folgen?

image

«Es gibt immer noch Unter- und Fehlversorgung»

Zum Tag der seltenen Krankheiten soll auf die über eine halbe Million Betroffenen im Land aufmerksam gemacht werden. Woran fehlt es? Ein Interview mit Christine Guckert von der Kosek.

image

Die Ärzte finden die meisten Krankenkassen-Rückfragen sinnlos

Eine Erhebung des VSAO ging der Frage nach, wie man die Bürokratie bändigen könnte. Ein Ergebnis: Der Fax ist nicht das Problem; die KIS schon eher.

image

Auch NZZ bemängelt die heutigen Spital-Zusatzversicherungen

«Spitäler und Kassen schröpfen ihre Luxuspatienten», so eine Einschätzung dort. Das Geschäftsmodell mit den Zusatzversicherungen gerät ins Wanken.

Vom gleichen Autor

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.

image

Wer will bei den Helios-Kliniken einsteigen?

Der deutsche Healthcare-Konzern Fresenius sucht offenbar Interessenten für den Privatspital-Riesen Helios.