Auch Glück kann das Herz zerbrechen

Neue Daten über das Syndrom des «gebrochenen Herzens» zeigen, dass die Erkrankung auch nach einem freudigen Ereignis auftreten kann. Die Studienleiter vom USZ reden vom «Happy Heart Syndrome».

, 3. März 2016 um 08:03
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Mit einer Publikation im «European Heart Journal» bieten die beiden Kardiologen Christian Templin und Jelena-Rima Ghadri vom Universitätsspital Zürich neue Erkenntnisse zum «Broken-Heart Syndrom», auch Takotsubo-Syndrom TTS genannt.
Das Fazit: Es gibt emotionale Auslöser der Takotsubo-Kardiomyopathie. Und zwar auch positive.
Insgesamt wurden unter Zürcher Leitung die Daten von 26 kardiologischen Zentren und 1'740 erfasst, plus von 485 Studienteilnehmern. Und es zeigte sich: Rund 4 Prozent erlitten akute TTS-Erkrankung, der ein freudiges Ereignis vorausging, etwa eine Geburtstagsparty, eine Hochzeit, der Sieg des Lieblings-Rugby-Teams oder die Geburt eines Enkelkindes. 96 Prozent der Patienten wiesen ein negatives emotionales Ereignis auf.

Auswirkungen auf die Anamnese

Im Gegensatz zum bereits beschriebenen «broken heart syndrome» nannten die Studienleiter die Erkrankung der ersten Gruppe nun «happy heart syndrome».
Die Erkenntnis, dass vor allem Frauen nach der Menopause an TTS erkranken, bestätigten sich auch in dieser Auswertung. Sowohl in der «Happy Heart»- wie in der «Broken- Heart»-Gruppe machten Frauen 95 Prozent der Erkrankten aus, wobei das Durchschnittsalter bei 65 Jahren in der «Happy-Gruppe» lag – und mit 71 Jahren etwas höher in der «Broken Heart»-Gruppe.

Jelena R. Ghadri, Annahita Sarcon, Johanna Diekmann et al: «Happy heart syndrome: role of positive emotional stress in takotsubo syndrome», in: «European Heart Journal», Februar 2016.

«Einer Takotsubo-Kardiomyopathie muss nicht zwingend ein negatives Stressereignis vorausgehen», fasst Co-Studienleiterin Jelena-Rima Ghadri die Erkenntnis zusammen. «Das wird Auswirkungen auf die Anamnese der Patienten haben. Ärzte in den Notfallstationen und -praxen sollten wissen, dass Patienten mit Anzeichen eines Herzinfarktes, wie Brustschmerz und Atemnot, die zuvor ein fröhliches Erlebnis hatten, an einem Takotsubo-Syndrom leiden könnten. Genauso wie Patienten, die nach einer Stresssituation mit diesen Symptomen vorstellig werden.»

Noch zu untersuchen: Die Hirn-Herz-Achse

Und USZ-Forscher Christian Templin erklärt: «Wir denken, dass beim TTS ein enger pathophysiologischer Zusammenhang in Form einer aktivierten "Hirn-Herz-Achse“ existiert. Diese Wechselwirkung zwischen Hirn und Herz untersuchen wir derzeit in einer weiteren klinischen Studie näher mittels funktionellem MRI.» Künftige Forschungsarbeiten sollen die Mechanismen der Takotsubo-Kardiomyopathie fokussieren.

Takotsubo-Kardiomyopathie

Erstmalig 1990 von japanischen Wissenschaftlern beschrieben und «Takotsubo» – übersetzt: Tintenfischfalle – genannt. Die linke Herzkammer ähnelt in der Erkrankungsphase diesen speziellen, zum Tintenfischfang benutzten Tonkrügen in der Form eines engen Halses und bauchigen Körpers. 
Es handelt sich um eine akute Pumpfunktionsstörung des Herzens, welche mehrheitlich Frauen betrifft.
Als Ursache wird unter anderem eine vorübergehende Verkrampfung der kleinsten Gefässe im Herzmuskel vermutet, die zu einer Minderdurchblutung bis hin zum lebensbedrohlichen Pumpversagen führt.

  • Frühere Mitteilung des USZ zur TTS-Studie, September 2015: «Gebrochene Herzen: Weltweit grösste Studie zum Takotsubo-Syndrom bringt neue Erkenntnisse»

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