Apotheken: Genug gespart

Jede fünfte Apotheke in der Schweiz ist in wirtschaftlichen Nöten. Die Kluft zwischen Aufwand und Ertrag hat laut Branchenverband die Schmerzgrenze erreicht.

, 7. Juli 2015 um 06:32
image
  • medikamente
  • apotheken
  • pharmasuisse
Billige Medikamente freuen die Konsumenten, aber sie haben eine Kehrseite: «20 Prozent der Apotheken sind aufgrund ihres geringen Gewinns in einer wirtschaftlich schwierigen Lage», schreibt der Schweizerische Apothekerverband Pharmasuisse im neuen Geschäftsbericht 2014. Grund seien die staatlich verordneten Preissenkungen der letzten Jahre. Der Ertrag zur Deckung der Personal-, Infrastruktur- und übrigen Betriebskosten einer Apotheke sinke kontinuierlich. 
Die Kluft zwischen Aufwand und Ertrag werde immer grösser. Während die Indizes der Leistungen in der Gesundheitspflege seit 2000 zulegten, sank der Preisindex der Medikamente um 45 Indexpunkte. «Die Grenze ist erreicht», so die Apotheker. Für die 20 Prozent, die nicht profitabel arbeiten, seien weitere Preissenkungen «nicht mehr zu verkraften.»

Marge: 8 Prozent

2013 entfielen 63 Prozent des Umsatzes einer durchschnittlichen Apotheke auf den Warenaufwand, 20 Prozent auf Personalkosten und 9 Prozent auf sonstigen Betriebsaufwand. Der EBITDA, der die operative Leistungsfähigkeit vor Investitionen, Steuern und Abschreibungen ausdrückt, beträgt in einer durchschnittlichen Schweizer Apotheke 8 Prozent des Umsatzes. Die Marge variiert je nach Grösse, Umfeld und Standort stark. Für einen Fünftel ist sie zu tief, um die steigenden Ausgaben für Einrichtung, IT und Weiterbildung der Mitarbeitenden zu decken. 

Umsatz: 2,5 Millionen Franken

Eine Auswertung zeigt, dass etwa die Hälfte der Apotheken einen Betriebsumsatz bis 2,5 Millionen Franken ausweisen. Die Zahlen im Detail: 

  • 0 bis 1,5 Millionen Franken: 19,7 Prozent
  • 1,6 bis 2,5 Millionen Franken: 30,7 Prozent
  • 2,6 bis 3,5 Millionen Franken: 24,4 Prozent
  • 2,6 bis 4,5 Millionen Franken: 13,3 Prozent
  • 4,6 bis 5,5 Millionen Franken: 6,3 Prozent
  • 5,6 bis 6,5 Millionen Franken: 5,6 Prozent

Sparmöglichkeiten ausgeschöpft

Der Preis eines rezept- und kassenpflichtigen Medikaments hat eine staatlich verordnete Struktur. Er setzt sich zusammen aus dem Fabrikabgabepreis, den Vertriebskosten, der Mehrwertsteuer und einer leistungsorientierten Abgeltung (LOA), der Beratungsleistung des Apothekers. Je nach Preis des Medikaments variiert die LOA stark. Gemäss Pharmasuisse geht die Rechnung für Apotheker nur bei Fabrikabgabepreisen zwischen 15 und 880 Franken auf. Bei sehr günstigen und sehr teuren Medikamenten übersteigt der Kostenaufwand den Ertrag. 
Zwischen 2001 und 2014 haben die Apotheken gemäss Pharmasuisse mit diesem Abgeltungssystem gut eine Milliarde Franken eingespart. Durch gesetzliche Preissenkungen kamen jährlich nochmals 80 Millionen Franken dazu. Nun sind die Apotheker überzeugt, ihre Sparmöglichkeiten ausgeschöpft zu haben. Sie fordern Anpassungen des Preismodells. 


Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Mit einer Karte gegen Apotheken-Taxen

Die Stiftung für Konsumentenschutz macht Druck gegen die Sonderkosten durch so genannte «Medikamenten-Checks» und «Bezugs-Checks».

image

Internationale Ehrung für Schweizer Apotheker

Der Freiburger Michel Buchmann wurde zum Ehrenpräsidenten der International Pharmaceutical Federation ernannt.

image

Häusliche Gewalt: Ausbildung für das Apothekenpersonal

Apotheken wären glaubwürdige Anlaufstellen für die Opfer. Der Kanton Wallis hat daher einen Kurs zum Thema entwickelt. Das Zertifikat wird von Pharmasuisse anerkannt.

image

In Konstanz kriegt man mehr aktuelle Arzneimittel als in Kreuzlingen

Geht es um den Zugang zu neuen, innovativen Medikamenten, so liegt die Schweiz auf Rang 6 in Europa. Bei den Medikamenten gegen seltene Krankheiten liegt sie auf Rang 9.

image

Bundesrat: Fünf Schritte gegen Medikamenten-Engpässe

Unter anderem prüft die Landesregierung befristete Import-Zulassungen, einfachere Bewilligungen oder den Verzicht auf Wirtschaftlichkeits-Prüfungen.

image
Gastbeitrag von Niklaus Meier und Katharina Blankart

Arzneimittelpreise: Das Swiss Drug Pricing Model könnte Klarheit schaffen

Ein neues Modell hilft, für neue Medikamente den angemessenen Preis zu ermitteln – und so den Verhandlungspartnern Orientierung zu bieten. Die Basis: Effizienz und Evidenz.

Vom gleichen Autor

image

Pflege: Zu wenig Zeit für Patienten, zu viele Überstunden

Eine Umfrage des Pflegeberufsverbands SBK legt Schwachpunkte im Pflegealltag offen, die auch Risiken für die Patientensicherheit bergen.

image

Spital Frutigen: Personeller Aderlass in der Gynäkologie

Gleich zwei leitende Gynäkologen verlassen nach kurzer Zeit das Spital.

image

Spitalfinanzierung erhält gute Noten

Der Bundesrat zieht eine positive Bilanz der neuen Spitalfinanzierung. «Ein paar Schwachstellen» hat er dennoch ausgemacht.