Afrika kämpft mit massiver Unterbesetzung im Gesundheitswesen

In Simbabwe verlassen viele medizinische Fachkräfte das Land und wandern in Industrieländer ab – die Auswirkungen sind verheerend.

, 30. Dezember 2021 um 11:00
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Im Jahr 2018 kamen in Simbabwe auf 10’000 Personen zwei Krankenpflegerinnen. In der Schweiz waren es neunmal mehr. Diese Zahlen stammen aus einem Artikel, der kürzlich in der «NZZ» erschienen ist.
Viele Entwicklungsländer kämpfen mit massiver Unterbesetzung im Gesundheitswesen – und dies bereits schon vor der Pandemie. Der Grund: Viele Fachkräfte wandern in Industrieländer ab. Wie dem «NZZ»-Artikel zu entnehmen ist, gehört Simbabwe zu den weltweiten Spitzenreitern in Sachen Abwanderung von medizinischem Fachpersonal. So würden über 14 Prozent der im Land ausgebildeten Krankenpfleger im Ausland arbeiten, bei den Ärztinnen liege die Quote gar bei über 30 Prozent.

So viele medizinische Fachkräfte haben das Land verlassen

Die Corona-Pandemie habe den Trend zur Abwanderung noch verschärft, heisst es im Artikel. Im laufenden Jahr hätten bereits über 2200 medizinische Fachkräfte das Land verlassen, das seien dreimal so viele wie im Jahr 2019.
Wie in dem Artikel steht, suchten allein die staatlichen Spitäler in Harare, der Hauptstadt Simbabwes, Anfang Dezember über 260 Pflegekräfte. Die Behörden hätten jüngst auch versucht, bereits pensionierte Fachkräfte wieder für den Arbeitsmarkt zu gewinnen.

Tiefe Löhne in Simbabwe

Hauptgrund für die Abwanderung seien die tiefen Löhne. So würden Pflegekräfte in Simbabwe umgerechnet meist weniger als 200 Franken pro Monat verdienen. In den Golfstaaten seien die Löhne deutlich höher und in Europa oder Nordamerika betrügen sie oft gar das Zehnfache.

Zahl der ausländischen Fachkräfte in Industrieländern stark angestiegen

Dass Industrieländer Personal aus dem Ausland rekrutierten, um personelle Engpässe besser abdecken zu können, komme immer häufiger vor. Die Zahl der ausländischen Ärzte und Pflegekräfte sei in den OECD-Staaten denn auch schon vor 2019 stark angestiegen, schreibt die «NZZ». Hier drei Beispiele:
> In Jamaika habe die Gesundheitsbehörde im Jahr 2017 festgehalten, das Land hätte innerhalb von drei Jahren fast 30 Prozent der medizinischen Fachkräfte durch Abwanderung verloren.
> In den Karibikstaaten seien in jüngster Zeit rund 40 Prozent der Stellen im Gesundheitswesen vakant gewesen.
> Auf den Philippinen habe die Regierung aufgrund der personellen Engpässe während der Corona-Pandemie die Zahl der Ausreisebewilligungen deutlich gesenkt. Der Staat habe den «Export» von Gesundheitspersonal aber lange gefördert.

Pflegekräfte aus dem Ausland rekrutieren: So macht es Grossbritannien

In Grossbritannien sind etwa 10 Prozent der Stellen im Gesundheitssektor unbesetzt, das Land ist beim Anwerben von ausländischem Gesundheitspersonal denn auch besonders aktiv: In den vergangenen Jahren stammte rund ein Viertel der neu eingestellten Fachkräfte aus dem Ausland, wie im Artikel zu lesen ist. In finanzieller Hinsicht ist dieses Modell natürlich besonders attraktiv. Denn die Rekrutierung von ausländischem Personal koste laut einer Studie etwa zwei Drittel weniger als die Ausbildung neuer Fachkräfte.
In Simbabwe finde das Anwerben auch in Facebook-Gruppen lokaler Pflegekräfte statt: Britische Spitäler sowie Vermittlungsagenturen hätten jüngst vermehrt Stellenanzeigen publiziert, heisst es im «NZZ»-Artikel. Schon heute seien rund 2500 Personen – die ihre Ausbildung in Simbabwe absolviert haben – im britischen Gesundheitswesen tätig.
Lesen Sie auch: So schlecht verdient das Schweizer Pflegepersonal im internationalen Vergleich
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