Abtretender BAG-Direktor: «Wer die Hitze nicht verträgt, sollte nicht in einer Küche stehen»

An seinem zweitletzten Arbeitstag zeigt sich Pascal Strupler versöhnlich: Mit der Kritik an seiner Person könne er leben.

, 29. September 2020 um 11:31
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Pascal Strupler hat morgen seinen letzten Arbeitstag als Direktor des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Der 61-Jährige hat es während gut zehn Jahren geleitet.

Strupler ist kein Mediziner

In der Corona-Krise wurde immer wieder Kritik an seiner Amtsführung laut: Er sei zu lange unsichtbar geblieben, sei weder ein guter Kommunikator noch ein Gesundheitsfachmann. Und er könne medizinische Fragen nicht beantworten.
Im Rückblick kommentierte Strupler in der Sendung «Tagesgespräch» von Radio SRF solche Vorwürfe gelassen: In diesem Amt lerne man, mit Kritik zu leben, sagte er. «Wer die Hitze nicht verträgt, sollte nicht in einer Küche stehen.»

Kein grosser Kommunikator

«Kommunikation gehört nicht zu meinen grossen Qualitäten», räumte er freimütig ein. Gerade in einer Krise müsse man entscheiden, wer was gut oder besser mache. «Deshalb leitete ich das Amt eher im rückwärtigen Raum.»
Er habe jedoch sehr bald erkannt, dass die Kommunikation in der Corona-Krise sehr wichtig sei. «Wir hatten glücklicherweise Daniel Koch. Er konnte mir den Rücken freihalten.»

Elektronisches Patientendossier: Schon lange eine Baustelle

Doch nicht erst bei der Bewältigung der Corona-Krise stand das BAG und dessen Leiter in der Kritik. Auch bei der Einführung des Elektronischen Patientendossiers (EPD) konnte das Bundesamt bisher nicht brillieren. Dessen Einführung verzögert sich immer wieder.
«Unser ganzes Gesundheitswesen ist nicht sehr stark digitalisiert», räumte Strupler im Gespräch ein. Er ist jedoch überzeugt, dass das EPD wie zuletzt angekündet tatsächlich nächstes Frühjahr kommt.

Österreich hat mehr ins EPD investiert

Stark im Hintertreffen sieht Strupler die Schweiz allerdings nicht. Es gebe noch nicht manches Land in Europa mit EPD, betonte er. Österreich sei zwar weiter als die Schweiz. Dort habe der Staat aber ein bisschen mehr Geld in die Finger genommen.
Seinen Rücktritt hatte Pascal Strupler schon lange vor der Corona-Krise angekündet. Er wird am 1. November Partner einer Beratungsfirma. Zudem ist er zum neuen Verwaltungsratspräsidenten des Spitals Wallis gewählt worden. Pascal Struplers Amt übernimmt übermorgen Donnerstag die 48-jährige Anne Lévy.
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