Medizinstudium in der Schweiz: Für Deutsche ein Traum

In der Schweiz Medizin studieren: das würden viele Deutsche gerne. Doch die Hürden sind für die meisten zu hoch.

, 17. Mai 2023 um 06:08
image
Die Schweizer Berge und Seen entsprechen offenbar dem Traum von deutschen Medizinstudenten. Die deutsche Stellenvermittlungs-Plattform «Praktischarzt.de» lobt die Schweiz fürs Medizinstudium über alles: «Grossartige Landschaften, viel Natur und schöne Städte.»

Wandern und Skifahren

Das Lob geht bis ins Detail: «Wer beispielsweise in Zürich studiert, hat einerseits direkt den Zürichsee vor der Haustür oder kann vom Zürichberg die wunderbare Aussicht geniessen. Ausserdem laden natürlich die Schweizer Alpen stets zu einer Bergwanderung ein oder im Winter zum Skifahren.»
Wer sich nun so richtig für ein Medizinstudium in der Schweiz zu begeistern beginnt, erhält weitere ermunternde Informationen: «Medizin studieren ohne Numerus clausus – in der Schweiz ist es möglich.»

Ohne Note 5,5 keine Chance

Doch dann kommt ein arger Dämpfer: «Es ist jedoch nicht einfach, in der Schweiz einen Studienplatz für Medizin zu ergattern.»
Was das genau heisst, ist in der Publikation «Check Medizinstudium in Europa» zu lesen. In der aktuellen Ausgabe empfehlen die Verfasser für Schweizer Medizinstudiengänge: «Deutsche Studierende nur mit Abiturnote bis 2,0.» Das heisst im Schweizer Notensystem: Mindestens eine 5,5.
Gleich wie Schweizer müssen auch Deutsche den Eignungstest für das Medizinstudium in der Schweiz (EMS) absolvieren. Zwei Beispiele aus diesem Test finden Sie hier. Die richtigen Lösungen stehen am Ende dieses Artikels.

Hätten Sie das lösen können?

Muster zuordnen ist eine von neun Aufgabengruppen im EMS. Finden Sie den richtigen Ausschnitt in weniger als 54 Sekunden?

image

Die Röntgenaufgabe

Auch das medizinisch-naturwissenschaftliche Grundverständnis wird getestet. Wissen Sie die richtige Antwort für folgende Aufgabe? Sie haben zweieinhalb Minuten Zeit.
Röntgenstrahlen werden in umso stärkerem Masse absorbiert, je dichter oder je dicker die zu bestrahlende Substanz ist. Bei einer Röntgenaufnahme des Brustkorbs wird daher die strahlenempfindliche Schicht des Films dort stärker geschwärzt, wo die Röntgenstrahlen auf ihrem Weg durch den Körper hauptsächlich Lungengewebe getroffen haben. Das Gebiet, in dem das Herz liegt, bleibt etwas heller, und auch die Rippen zeichnen sich wegen ihrer durch den Kalkreichtum höheren Dichte als hellere Streifen ab.
Welcher der folgenden krankhaften Befunde würde sich demnach im Röntgenbild als eine etwas stärker geschwärzte Stelle von seiner Umgebung abheben?
(A) ein alter verkalkter Tuberkuloseherd in der Lunge
(B) ein Nierenstein mit hohem Kalziumgehalt
(C) ein verschluckter Nagel im Magen
(D) ein das Knochengewebe entkalkender Tumor im Beckenknochen
(E) eine grössere Eiteransammlung in der Lunge

Die Ausland-Hotspots

Humanmedizin ist in Deutschland eines der beliebtesten Studienfächer. 2021 gab es 105’000 Medizinstudierende. Zum Vergleich: In der Schweiz waren es 7000. Weil in Deutschland viele Bewerber keinen Studienplatz erhalten, gehen jedes Jahr 8000 Deutsche fürs Medizinstudium ins Ausland.

2200 Studierende in Ungarn

Etwa die Hälfte von ihnen wählen dabei einen regulären Medizinstudiengang. Das beliebteste Land ist dabei Österreich mit rund 2500 Medizinstudierenden aus Deutschland. Die andere Hälfte studiert in speziellen internationalen Medizinstudiengängen in Ost- und Südosteuropa. Besonders beliebt ist Ungarn, wo 2200 Deutsche Humanmedizin studieren; dann folgen Polen, die Tschechische Republik und Litauen.

Teures Spezialstudium

Die Studiengebühren für solche Spezialstudiengänge können bis zu 27'000 Franken pro Jahr, also insgesamt 162’000 Franken betragen, wie das deutsche Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) in seiner Publikation «Check Medizinstudium in Europa» vorrechnet.
Im Vergleich dazu sind die Studiengebühren in der Schweiz sehr günstig. Sie betragen je nach Universität 1000 bis 8000 Franken pro Jahr.

image
Grafik: Check Medizinstudium in Europa

Doch wegen der hohen Hürden ist und bleibt das Medizinstudium in der Schweiz für viele ein Traum.
Auflösung der Tests oben: 1. Aufgabe: B ist richtig. 2. Aufgabe: D ist richtig.
  • ärzte
  • studium
  • deutschland
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Ein Arzt wirbt für sein Restaurant - das ist erlaubt

Ein Hautarzt betreibt ein Restaurant und macht Werbung dafür. In der Schweiz darf er das – solange sich niemand darüber beschwert.

image

Warum Chirurgen mehr AC/DC- Musik hören sollten

Ein neuer Radiosender mit künstlicher Intelligenz-Funktion soll angeblich helfen, die chirurgische Genauigkeit und Effizienz zu verbessern.

image

Hausarztpraxiskette in Verruf – eine rechtliche Einordnung von Vergütungen an Arztpraxen

Ein Ziel der Revision des Heilmittelgesetzes (HMG) war, klare Regeln festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Vergütungen an Arztpraxen zulässig sind. Ein aktueller Fall bietet Anschauungsunterricht und zeigt, dass bei Zahlungen an Arztpraxen nach wie vor viele Unklarheiten bestehen.

image

«Die Arbeit wird als immer belastender empfunden»

Die hohen Arbeitszeiten bei Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzten führen dazu, dass sie sich deswegen immer häufiger müde, ausgelaugt und erschöpft führen. Dies zeigt die neueste Befragung des Berufsverbands VSAO.

image

So bekämpft der Kanton Thurgau den Hausarztmangel

Mit finanziellen Anreizen will der Regierungsrat die Versorgungslücke im Bereich der Hausarztmedizin schliessen.

image

Schularzt weist Vorwürfe sexueller Übergriffe zurück

Im Kanton Neuenburg wird derzeit ein Fall eines Kinderarztes verhandelt. Für die mutmasslichen Opfer soll es sich um unangemessene Berührungen handeln, für den Mediziner war es Teil der Untersuchung.

Vom gleichen Autor

image

Inselspital beantwortet unangenehme Fragen nicht

Wir sagen nichts dazu: So wehrt die Inselgruppe kritische Fragen ab – etwa jene, warum es ein eben erst saniertes Spital schliesst.

image

Privat-Spitex streitet um «Live-In-Betreuung»

Für die Anbieter von Rundum-Betreuung zuhause geht es um viel Geld: Reicht eine Angestellte oder müssen es zwei sein?

image

So machte das Zuger Kantonsspital mehr Gewinn

Das Kantonsspital in Baar bietet immer mehr Dienstleistungen. Mit Erfolg: Das brachte mehr Patienten und mehr Geld.